LEVERKUSEN. Am Abschlussabend war Johannes Floors war ins Ziel gesprintet und hatte die Arme hochgerissen: 45,78 Sekunden hatte die Uhr für ihn angezeigt – Gold über 400 Meter, das war schon angesichts der Vorleistungen der Konkurrenten in der Klasse T62 fast klar. Doch die Zeit war für ihn wichtig, seinen Weltrekord, den das Internationale Paralympische Komitee nach einem Jahr mit der neuen Höhenregelung für beidseitig unterschenkelamputierte Sprinter als Rekordmarke festgelegt hatte, verbesserte er um exakt eine Sekunde: „Nach 250 Metern kam der Hammer, dann galt es, zu kämpfen und zu beißen. Irgendwann hat der Stadionsprecher runtergezählt: 3, 2, 1… Ich konnte es gar nicht einordnen, aber so viel Zeit blieb mir noch. Es war ein geiles Gefühl, ins Ziel zu kommen und die fünf vor dem Komma zu sehen.“
Johannes Floors (GER / TSV Bayer 04 Leverkusen / T62) während der World Para Athletics Championships am 15.11.2019 im Club for People of Determination in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate). – Foto: Axel Kohring – Foto anklicken und vrgrößern.
Der Doppel-Weltmeister besitzt nun auch die Weltrekorde über beide paralympischen Strecken: Die 100 und 400 Meter. Auch wenn der 24-Jährige sich dieses Jahr auf die 100 Meter konzentriert hatte, die er in 10,54 Sekunden gewinnen konnte, habe er „die ganzen Jahre lang nur Kilometer geschrubbt für die 400 Meter. Diese Ausdauer darf man nicht vergessen und heute war viel Wille dabei. Es ist ein geiles Gefühl zu wissen, du bist der Schnellste – auf keinem Bein, auf einem Bein.“
Einen Start bei Olympischen Spielen schloss Floors aber aus: „Aktuell haben meine eigenen Zeiten noch Vorrang und die Paralympischen Spiele, weil wir da andere Werte vertreten und mit denen bin ich auch in den Sport gekommen und vertrete die auch“, sagte der Leverkusener, der aber einen Traum verriet: „Das heute war noch nicht das Ende, von einer 44er-Zeit träumt jeder 400-Meter-Sprinter und es ist nicht vermessen zu sagen, ich wünsche mir die auch.“
Schäfer gewinnt Silber über 100 Meter
Leon Schaefer (GER / TSV Bayer 04 Leverkusen / T63) waehrend der World Para Athletics Championships am 15.11.2019 im Club for People of Determination in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate). Links Desmond Jackson ( USA / T63). (anklicken und vergrößern) Foto: Axel Kohring)
Wenigen Minuten zuvor sprintete Léon Schäfer über 100 Meter zu Silber und kann sich anfangs nicht so richtig freuen: Zu Gold fehlen dem Weitsprung-Weltmeister nur 0,2 Sekunden. Seine WM-Bilanz ist mit zwei Medaillen dennoch stark – und er hat noch mehr vor.
Léon Schäfer startete stark über 100 Meter der Klasse T63, wurde aber auf der Ziellinie noch abgefangen und verpasste Gold um zwei Hundertstel. 12,34 Sekunden bei windstillen Verhältnissen bedeuteten Silber, Gold ging an den Dänen Daniel Wagner, Bronze an Weltrekordhalter Vinicius Goncalves Rodrigues. „Ich habe ein sehr, sehr gutes Rennen gemacht und war bis 75, 80 Meter vorne vom Gefühl her, ich bin gut aus dem Block gekommen und kann nicht so richtig sagen, woran es gelegen hat, dass der Däne mich noch geholt hat, das hat mich ein bisschen geärgert“, sagte der Weitsprung-Weltrekordhalter, der in seiner Paradedisziplin schon Gold geholt hatte: „Aber dennoch bin ich mega happy mit meinen Ergebnissen bei der WM.“
Nachdem der 22-Jährige im vergangenen Jahr die EM in Berlin verpasst hatte, war er diese Saison verletzungsfrei geblieben – und richtete mit Blick auf die Paralympics in Tokio im kommenden Jahr direkt eine Kampfansage an die Konkurrenz: „Wenn ich offen und ehrlich bin und durch das Jahr noch mal so durchkomme, dann gibt es im Weitsprung und auch im Sprint keine Chance mehr für die anderen.“
Floors und Moos mit der Staffel: Erst Weltrekord, dann disqualifiziert
Die neue 4×100-Meter-Universalstaffel mit den Leverkusenern Johannes Floors und Nele Moos sowie Katrin Müller-Rottgardt mit Guide Noel-Philippe Fiener und Alhassane Baldé sind bei der Para Leichtathletik-WM in Dubai erst zum Weltrekord gesprintet, dann aber nach fast fünfstündiger Diskussion disqualifiziert worden.
Am Donnerstagvormittag hatte es erst großen Jubel gegeben, dann bittere Enttäuschung, die noch immer anhält: Die 4×100-Meter-Universalstaffel, die erstmals bei einer Weltmeisterschaft im Programm ist, sprintete im dritten Vorlauf in Weltrekordzeit von 47,05 Sekunden über die Ziellinie. Katrin Müller-Rottgardt mit Guide Noel-Philippe Fiener (TV Wattenscheid 01), Johannes Floors, Nele Moos (beide TSV Bayer 04 Leverkusen) und Alhassane Baldé (SSF Bonn) wurden zwar im vierten Vorlauf noch von China entthront, doch das tat der Freude zunächst keinen Abbruch – der Finaleinzug hätte bereits einen Staffel-Quotenplatz für Tokio bedeutet.
Markus Rehm springt zur 16. Goldmedaille
Markus Rehm hat bei der Para Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Dubai abgeliefert und sein fünftes WM-Gold in Folge gewonnen, während sein Teamkollege Felix Streng im letzten Versuch Bronze verlor. WM-Debütantin Nele Moos wurde in Bestzeit über 200 Meter Siebte.
Markus Rehm erledigte, was alle von ihm erwartet hatten: Der Weltrekordhalter vom TSV Bayer 04 Leverkusen lieferte den Zuschauern eine Flugshow und siegte souverän mit 8,17 Metern in der Klasse T64. Damit gewann der 31-Jährige bei Paralympics, Welt- und Europameisterschaften sein elftes Weitsprung-Gold und bleibt weiter unbesiegt in paralympischen Weitsprung-Wettkämpfen, insgesamt war es seine 16. Goldmedaille: „Das ist natürlich eine unglaubliche Nummer, ich hoffe, ich kann hier und da noch eine Medaille hinzufügen. Heute ging es nicht um die Weite, heute ging es um den Titel und das hat gut funktioniert. Es war super, aber ich wäre gerne weiter gesprungen. Unter den Voraussetzungen war es mir aber klar, dass es schwer wird, an die Bestweite heranzukommen“, sagte Rehm, der nicht verstehen konnte, dass das Internationale Paralympische Komitee (IPC) eine Anfrage ablehnte, in die entgegengesetzte Richtung mit Rückenwind zu springen. Stattdessen gab es bei jedem Versuch Gegenwind: „Ich muss gestehen, ich habe mich geärgert die letzten Tage, wir haben gestern auch noch das persönliche Gespräch geführt, ob wir das nicht möglich machen können, dass wir mit Rückenwind springen und für die Athleten die Bedingungen perfekt sind.“
Zu den elf Weitsprung-Goldmedaillen holte Rehm einen EM-Titel über 100 Meter und vier Mal Gold mit der 4×100-Meter-Staffel, doch hier wird vorerst keine weitere dazukommen, weil das IPC die Amputierten-Staffel aus dem Programm strich: „Die Staffel ist immer so ein Thema, da war immer ein ganz anderer Spirit mit dabei und es wäre für alle noch mal schön gewesen, wenn es die Staffel noch geben würde. Aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sie vielleicht doch noch mal zurückkommt, weil wir immer tolle Wettkämpfe hatten.“
Felix Streng lieferte sich im gleichen Wettbewerb erneut mit 100-Meter-Silbermedaillengewinner Mpumelelo Mhlongo eine knappe Entscheidung – dieses Mal mit dem ganz bitteren Ende für den Leverkusener, der über 100 Meter zeitgleich Bronze gewonnen hatte: 7,06 Meter im zweiten Versuch konnte der 24-Jährige nicht mehr steigern. Der Südafrikaner sprang in seinem letzten Versuch einen Zentimeter weiter als Streng und entriss ihm die sicher geglaubte Bronzemedaille. „Was soll ich sagen nach dem Wettkampf? Ich kann nicht sauer auf die anderen sein, ich habe einfach meinen Job nicht gemacht“, sagte Streng, der krankheits- und verletzungsbedingt in diesem Jahr viel Trainingsrückstand hatte und kaum Weitsprung trainieren konnte, „ich habe irgendwie nicht in den Wettkampf reingefunden. Ich hatte schon beim ersten Versuch irgendwie doofen Gegenwind, der hat mich beim Anlauf aus dem Konzept gebracht hat und dann waren Sprünge dabei, da hat gar nichts gepasst. Aber ich will gar keine großen Ausreden suchen, das ist nicht das, was ich kann und wo ich hinspringen möchte. Natürlich fehlt mir jede Menge Training, mir fehlt Routine, mir fehlt ein Anlaufgefühl und ein Gefühl für die Sprünge, aber das ist ein Grund und wie gesagt keine Ausrede.“
Nele Moos sprintete nur einen Tag nach ihrem 100-Meter-Finale auch über 200 Meter und wurde wieder Siebte in der Klasse T38. Dieses Mal war ihre Laune im Ziel jedoch besser: Als ihre Zeit aufploppte, sprang sie auf und jubelte, denn 28,67 Sekunden bedeuteten eine Verbesserung ihrer persönlichen Bestleistung um 1,1 Sekunden. „Die letzten Meter bin ich nur gestorben, aber PB ist super“, sagte die 17-Jährige vom TSV Bayer 04 Leverkusen, die in diesem Jahr über 200 Meter auch Siebte bei der Junioren-WM in Nottwil (Schweiz) geworden war.
Irmgard Bensusan ist Doppel-Weltmeisterin von Dubai
Irmgard Bensusan ist die Sprintkönigin der Para Leichtathletik-Weltmeisterschaft von Dubai: Nach ihrem knappen Sieg über 200 Meter siegt sie auch über 100 Meter. Ihre 17-jährige Leverkusener Teamkollegin Nele Moos wird Siebte über 100 Meter. Maria Tietze lief als Elfte Bestzeit über 100 Meter.
„Ich wusste, dass die anderen Mädels stark sind, aber ich wusste auch, dass ich stark bin“, sagte Irmgard Bensusan, nachdem sie über 100 Meter der Klasse T64 in 12,86 Sekunden Gold gewonnen und ihre niederländischen Konkurrentinnen Marlene van Gansewinkel und Kimberley Alkemade hinter sich gelassen hatte.
„Ich bin einfach glücklich. Ich hatte ja nichts zu verlieren, mein Gold hatte ich ja. Und mein Trainer hat gesagt, ich soll mir vorstellen, dass ein Löwe hinter mir her ist und mir in den Arsch beißen will. Also bin ich gelaufen“, sagte die geborene Südafrikanerin: „Ich hätte nie gedacht, dass ich hier unter 13 Sekunden laufen kann.“
Selbst die Unruhe im Vorfeld hatte sie nicht beeinträchtigt: Nach dem Vorlauf am Vormittag war die Spanierin Sara Andres Barrio wegen eines vermeintlichen Fehlstarts disqualifiziert worden. Drei Mal wurden die Bahnen gewechselt, am Ende durfte sie starten. „Es war sehr unruhig, die anderen sind ständig angekommen und wollten Minuten vor dem Rennen darüber reden. Aber ich habe das abgeblockt und nichts an mich rangelassen, mein Ding gemacht“, sagte Bensusan, die in London 2017 über 400 Meter schon einmal Gold gewonnen hatte und ihren rechten Fuß „Schluffi“ nennt. Das Internationale Paralympische Komitee strich die Strecke jedoch aus dem Programm, jetzt ist Bensusan Doppel-Weltmeisterin über die verbliebenen Distanzen.
Maria Tietze hingegen schied am Vormittag mit einer Bestzeit von 13,64 Sekunden als Gesamt-Elfte aus, war aber happy mit ihrer Leistung, nachdem es ihr am Vorabend nach dem Weitsprung nicht gut gegangen war.
Trainer Karl-Heinz Düe, der neben Irmgard Bensusan mit Léon Schäfer und Johannes Floors jetzt schon vier Goldmedaillen gewonnen hat, sagte auf die Frage, warum die Leverkusener Athleten so erfolgreich sind: „Das habe ich mich auch oft gefragt. Es gibt keine Geheimnisse mehr, aber ich denke, dass es darauf ankommt, dass ich auf den Menschen eingehe, dass man sie richtig kennt. So kann man auch steuern und sie motivieren, dass sie zum Highlight topfit sind und das ist mir meistens gelungen.“
Als Bensusans 17-jährige Bayer-Teamkollegin Nele Moos dann lief, wartete sie an der Strecke auf sie, um zuzuschauen. In 13,90 Sekunden der Klasse T38 blieb sie etwas unter ihren eigenen Erwartungen, sagte aber nach ihrem Sprint-Debüt bei einer Weltmeisterschaft lachend: „Ich bin ins Ziel gekommen, vielleicht wäre mehr gegangen, aber ich war schon sehr nervös, weil wir drei Mal wieder aus dem Startblock mussten.“ Moos wird am Mittwoch noch über 200 Meter und am Donnerstag auch in der 4×100-Meter-Universalstaffel laufen.
100-Meter-Gold für Floors, Felix Streng wird Dritter
Nach einem aus deutscher Sicht durchwachsenen Tag bei der Para Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Dubai war der Knall am Abend umso lauter: TSV-Weltrekordhalter Johannes Floors sprintete zur Goldmedaille über 100 Meter, Felix Streng holte zeitgleich mit Platz zwei Bronze. Maria Tietze wurde im Weitsprung Achte.
„Ein geiler Titel. Wer wäre nicht gerne mal König“, sagte Johannes Floors im Ziel, nachdem er am Tag zuvor im Vorlauf in 10,54 Sekunden Weltrekord gesprintet war: „Es war nicht leicht, nach dem verrückten Rennen gestern die Spannung zu halten.“ Mit 10,60 Sekunden lief er noch mal schneller als der bisherige Weltrekord und kürte sich damit zum Weltmeister über 100 Meter der Klasse T64.
Dahinter folgte überraschend der Südafrikaner Mpumelelo Mhlongo zeitgleich mit Felix Streng, der Bronze gewann: „Ich hatte eine schwere Saison mit insgesamt drei Monaten Ausfall. Von daher bin ich glücklich, dass ich hier bin, im Finale stand und eine Medaille habe.“
Maria Tietze wurde im Weitsprung der Klasse T64 Achte.
Mit 4,26 Metern kam sie nicht an ihre persönliche Bestmarke heran. Nun liegt der Fokus auf den 100 Metern am morgigen Dienstag, nachdem die Leverkusenerin über die 200 Meter bereits stark angegangen war und Sechste wurde.
Léon Schäfer ist erstmals Weitsprung-Weltmeister
Weltrekordhalter Léon Schäfer wurde im Weitsprung erstmals Weltmeister und feierte am Sonntagabend die zweite deutsche Goldmedaille bei der Para Leichtathletik-WM in Dubai.
Es war ein beeindruckender erster Sprung, den Léon Schäfer zeigte: 6,90 Meter im ersten Versuch sollten später die Siegesweite und WM-Rekord bedeuten. „Mit den sieben Metern hat es leider nicht geklappt, aber ich weiß, ich kann die springen und dafür haue ich die nächstes Jahr raus“, sagte der Weltrekordhalter vom TSV Bayer 04 Leverkusen mit Blick auf die Paralympics in Tokio: „Ich bin auf jeden Fall happy, es war ein sehr geiler Wettkampf.“
Mit 6,85 Metern im zweiten, 6,87 Metern im fünften und 6,89 Metern im letzten Versuch sprang er insgesamt vier Mal weiter als der zweitplatzierte Weltmeister 2017, der Däne Daniel Wagner, der auf 6,84 Meter kam. „Wagner hat auf jeden Fall gut Druck gemacht, aber ich wusste: Heute ist mein Tag und ich hole mir das Ding“, sagte der 22-Jährige, der nach Staffel-Gold 2017 in London seine erste Einzel-Medaille bei einer WM gewinnen konnte. Am Dienstag wartet nun noch der Vorlauf über 100 Meter auf ihn, am Freitag dann das Finale, bei dem er auch um die Medaillen mitsprinten möchte.
10,54 Sekunden: Johannes Floors sprintet zum Weltrekord
Er ist der schnellste unterschenkelamputierte Sprinter aller Zeiten: Johannes Floors verbessert den Weltrekord auf 10,54 Sekunden – und das im Vorlauf bei der Para Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Dubai.
Im Vorlauf sprintete Johannes Floors in der Klasse T64 10,54 Sekunden und knackte damit seinen eigenen Weltrekord von 10,66 Sekunden, den er in diesem Jahr in Leverkusen aufgestellt hatte. Zudem war er auch schneller als die einseitig Unterschenkelamputierten je zuvor, deren Bestmarke bei 10,61 Sekunden stand. „Das ist eine Marke, die ich wollte“, sagte Floors, ergänzte aber gleich: „Das ist noch Luft nach oben.“
Mit 10,99 Sekunden hatte Felix Streng, sein Teamkollege vom TSV Bayer 04 Leverkusen, den zweiten Vorlauf über 100 Meter locker gewonnen. „Das wird ein heißes Duell im Finale, da freue ich mich schon drauf“, sagte Floors.
Erstes Gold: Irmgard Bensusan ist 200-Meter-Weltmeisterin
Irmgard Bensusan hat am Samstag mit ihrem Sieg über 200 Meter die erste Medaille für das deutsche Team bei der Para Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) geholt. Auch die anderen Bayer-Athleten überzeugten.
Die 28-Jährige hatte 200 Meter lang gekämpft und beim Überqueren der Ziellinie laut geflucht. Die geborene Südafrikanerin dachte, sie wäre Zweite geworden – wie so oft zuvor. Sie nahm die deutsche Fahne und posierte für die Fotografen, immer noch in dem Glauben, Silber gewonnen zu haben. Doch beim ersten Interview wurde sie gefragt, wie sich der Sieg anfühlt: „Ich habe gewonnen?“ Dann kannte die Freude kaum noch Grenzen und das „tollpatschige Mädchen“, wie sie sich selbst auf Instagram bezeichnet, lachte über das Missverständnis: „Ich bin es wohl zu sehr gewohnt, Silber zu gewinnen.“
Zuletzt bei den Heim-Europameisterschaften in Berlin, als sie der niederländischen Konkurrentin Marlene van Gansewinkel über 100 Meter und 200 Meter unterlegen war. Doch in Dubai war Bensusan von Beginn an vorne und bekam Druck von einer anderen Niederländerin: Kimberly Alkemade, die auf den letzten Metern angeflogen kam und schließlich nur fünf Hundertstel hinter der Athletin vom TSV Bayer 04 Leverkusen ins Ziel gestürmt war. Bronze ging an die US-Amerikanerin Femita Ayanbeku, nachdem van Gansewinkel als Drittplatzierte disqualifiziert worden war. „Ich wollte es heute am meisten“, sagte Bensusan, die in London 2017 Weltmeisterin über 400 Meter geworden war, doch anschließend nahm das Internationale Paralympische Komitee (IPC) die Strecke aus dem Programm. Mit 26,93 Sekunden schnappte sie sich mit dem Sieg zudem den Championship Record in der Klasse T44. Am Dienstag möchte sie noch Gold über 100 Meter holen.
Im gleichen Rennen hatte WM-Debütantin Maria Tietze, in 28,86 Sekunden auf der Innenbahn Rang sechs belegt. „Mit der Platzierung bin ich zufrieden, nicht aber mit der Zeit“, schlussfolgerte die ehemalige Fußballerin.
Die 17-jährige Nele Moos landete bei ihrem ersten internationalen Start ebenfalls auf dem sechsten Platz im Weitsprung der Klasse T38. Die Silbermedaillengewinnerin der Junioren-WM von Nottwil 2019 zeigte sich beeindruckt von der Kulisse: „Gerade wenn noch Läufe waren, war das schon etwas ganz anderes.“ Bei viel Gegenwind traf sie das Brett nie richtig und blieb mit 4,49 Metern etwas unter ihrer Bestweite, zeigte aber, dass sie auch in Zukunft eine gute Rolle spielen kann.
Bereits am ersten WM-Tag hatte Johannes Bessell vom TSV Bayer 04 Leverkusen sein WM-Debüt gegeben, nachdem er im Vorjahr bei der Europameisterschaft in Berlin als Neuling überraschend Bronze gewonnen hatte. Die internationale Konkurrenz schien aufgrund der Vorleistungen zu stark, doch Bessell hielt sich lange im hinteren Mittelfeld und wurde in einer neuen Bestzeit von 4:11,00 Minuten Elfter in der Klasse T46. „Die Bestzeit war das Ziel, ich bin echt glücklich, auch wenn ich das noch nicht so richtig einordnen kann“, sagte ein sichtlich erschöpfter Bessell: „Heute wäre nicht mehr gegangen. Ich habe immer noch den Blutgeschmack vom Laktat im Mund.“
Parasport Geschäftsführer Jörg Frischmann: „Die Ergebnisse der Weltmeisterschaft haben meine Erwartungen übertroffen. Mit 6 WM Titeln konnte wir unser Rekordergebnis von 2011 einstellen. Aus meiner Sicht ist es die erfolgreichste WM der Vereinsgeschichte, das das Niveau an der Weltspitze hier ein neues Level erreicht hat. Neben den etablierten Athleten konnte unsere WM – Debütanten mit zwei Deutschen Rekorden sowie einer persönlichen Bestleistung überzeugen. Leider mussten wir mit Tom Malutedi und David Behre auch zwei Ausfälle verkraften. Nun geht es in eine kurze Pause, bevor dann die Vorbereitung für Tokio beginnt.“