HÖCHST / CHONGGING. Jörg Roßkopf war der erste der Prominenten, die um eine Stimme zur Karriere und dem angekündigten Rücktritt Timo Bolls gebeten am späten Montagabend antworteten. Innerhalb weniger Minuten schrieb er vom WTT Champions im chinesischen Chongqing zurück:
„G.O.A.T. The last dance in Paris!!!
Ich bin stolz, ein Teil deiner Karriere gewesen zu sein.“
Der Herren-Bundestrainer kennt den Rekord-Europameister wie kaum jemand außerhalb der Familie Boll. Roßkopf ist Deutschlands Rekord-Nationalspieler, ehemaliger National- und Bundesligateamkollege Bolls, Olympia-Medaillengewinner, Doppel-Weltmeister und Boll-Vorbild in dessen Jugend. Und er drückt aus, was Timo Boll alle übrigen Zitatgeber und wohl ganz Tischtennis-Deutschland zum Abschied wünschen: den ganz großen Auftritt mit der Mannschaft bei den Sommerspielen in Paris, dem internationalen Abschied der 43-jährigen Sportlegende. Am Montagabend hatte der ehemalige Weltranglistenerste, World-Cup-Sieger, vierfache Olympia- und neunmalige WM-Medaillengewinner seinen Rücktritt erklärt. Seine internationale Karriere endet nach Olympia, in der Tischtennis Bundesliga hängt er mit Borussia Düsseldorf noch eine Saison dran.
Die weiteren Zitate prominenter Weggefährten
„Als ich von der Nachricht hörte, Timo beende seine Karriere, kam bei mir Wehmut auf. Sofort gingen mir unzählige Begebenheiten durch den Kopf, die ich selbst miterleben durfte: Von grandiosen Matches und Erfolgen bei superfairem Verhalten am Tisch bis zu privaten Begegnungen. Ich bin stolz Timo zu kennen und freue mich darauf, ihn in Paris noch einmal nach Kräften anzufeuern.“
Thomas Weikert, DOSB-Präsident, ehemaliger Präsident des Tischtennis-Weltverbands ITTF und des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB)
„Fast 50 Jahre lang habe ich mir die besten Spieler der Welt angeschaut, oft live, oft im Film, oft im streaming. Und dann hunderte von Timos Kämpfen selbst, international oder bei Borussia Düsseldorf in der Bundesliga. Aber niemals habe ich einen Spieler entdeckt, der Timos taktische Fähigkeiten erreicht hätte. Der Nobelpreis für Spielintelligenz im Tischtennis geht an: Timo Boll.“
Hans Wilhelm Gäb, DTTB-Ehrenpräsident, ehemaliger Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzender Stiftung Deutsche Sporthilfe und Vize-Präsident der General Motors Europe AG, Mitglied der Hall of Fame des deutschen Sports
„Timo Boll hat den deutschen Tischtennissport auf ein neues Niveau gehoben. Seine Erfolge auf internationaler Ebene dank seiner konstant hohen Spielfähigkeit über viele Jahre hinweg sind bemerkenswert. Timo hat nicht nur durch seine technische und taktische Begabung, sondern auch durch seine sportliche Haltung, Fairness und Bodenständigkeit Maßstäbe gesetzt. Seine Karriere ist ein Vorbild für jeden Sportler. Er hat wesentlich dazu beigetragen, Tischtennis in Deutschland noch populärer zu machen. Ich habe großen Respekt vor seiner Leistung und seiner Persönlichkeit und verneige mich vor seiner Karriere.“
Eberhard Schöler, WM-Zweiter im Einzel 1969, langjähriger DTTB-Vizepräsident Leistungssport, Mitglied der Hall of Fame des deutschen Sports
„Timo Boll hat über viele Jahre hinweg Großes für den deutschen und internationalen Tischtennissport geleistet. Er ist nicht nur der erfolgreichste deutsche Tischtennisspieler aller Zeiten, sondern auch ein Vorbild in Sachen Sportgeist und Fair Play. Sein Einsatz und seine Hingabe zum Sport haben viele Menschen inspiriert. Wir sind dankbar für alles, was er für den DTTB und Tischtennis weltweit erreicht hat und wünschen ihm für Paris, dass dort all seine Wünsche in Erfüllung gehen.“
Andreas Hain, DTTB-Präsident
„Timo beendet seine internationale Karriere nach Olympia. Das fühlt sich für mich an, als würde ein Teil von mir auch aufhören. Meine Karriere im Tischtennis ist vom allerersten Tag an mit ihm verbunden. Als ich meinen ersten Nationalteamlehrgang zur Vorbereitung auf die WM 2006 in Bremen mit ihm hatte, hat er mich ganz herzlich ins Nationalteam aufgenommen. Seitdem hat sich eine sehr enge Freundschaft entwickelt. Gerade in meinen ersten Jahren habe ihn sehr oft zu Hause bei seiner Familie besucht. Wir haben viel zusammen trainiert und miteinander viel Zeit in Höchst im Odenwald verbracht. Wir sind uns damals sehr nah gewesen und sind das nach wie vor. Den Weg von 2006 bis heute bin ich immer mit ihm gemeinsam gegangen. Er war wie ein großer Bruder, der einfach immer da war. Das Highlight war unsere erste olympische Medaille 2008 in Peking. So ging es mit den Höhepunkten alle vier Jahre weiter – in London, Rio und Tokio.
Jetzt zu begreifen, dass er aufhört, war trotz seines Alters ein absoluter Schock für mich. Für den Tischtennissport in Deutschland, aber auch für den Sport allgemein. Natürlich war er zuletzt öfter verletzt und hat nicht jedes Turnier gespielt, aber man konnte immer sicher sein, dass er bald wieder da ist. Er ist ein so herausragender und talentierter Sportler, dass er ewig hätte spielen können.
Er war unglaublich früh schon ein Weltklassespieler, mit 21 Jahren die Nummer eins der Weltrangliste. Sein ununterbrochen hohes Niveau über 20 Jahre zu halten, ist in jedem Sport der Welt, vor allem in so einem anspruchsvollen wie Tischtennis einmalig und unglaublich. Er ist ein absolutes Vorbild in allen Belangen. Ich bin stolz, so viel mit ihm erlebt und so viel von ihm gelernt haben zu dürfen. Ohne ihn hätte ich es sicher nicht so weit gebracht.
Ich wünsche ihm natürlich für die Zukunft alles Gute und freue mich, mit ihm in Paris noch mal einen letzten gemeinsamen großen Akzent zu setzen. Dafür werden wir alles geben.“
Dimitrij Ovtcharov, Olympia-Rekordmedaillengewinner, langjähriger Nationalteamkollege und enger Freund
„Als ich Timo im Alter von acht Jahren zum ersten Mal gesehen habe, habe ich natürlich nicht gewusst, dass er so lange auf Weltklasseniveau spielen würde. Bei dem Drei-Tage-Lehrgang ist mir aber gleich aufgefallen, dass er eine unfassbare Lernfähigkeit in unserer Sportart hat. Es gibt nur wenige Spieler, die dabei in diesem Alter mithalten können. Timo war da schon überdurchschnittlich.
Hätten wir damals nur auf die Zahlen bei Schnelligkeit und Ausdauer geguckt, hätte es den Spitzenspieler Timo Boll wahrscheinlich nicht gegeben. Wenn man ganz nach oben kommen will, braucht man natürlich Grundlagen, die jeder beherrschen muss, aber auch eine gewisse Individualität. Timo hatte und hat das gewisse Etwas bei der Lernfähigkeit. Außerdem habe ich selten einen Spieler gesehen, der als 18-Jähriger so fit war wie er.
Ich würde mich freuen, wenn er sein Wissen und seine Erfahrung im Tischtennis weitergeben könnte. Dass er kein Trainer werden will, hat er schon oft gesagt. Doch egal, was genau er sich aussucht: Er wäre ein hervorragender Botschafter für unsere Sportart.Mein größter Wunsch für ihn ist Gesundheit. Sie ist das Wichtigste überhaupt. Alles andere ist zweitrangig gerade für Leistungssportler, die so viel gegeben haben wie Timo.“
Helmut Hampl, Trainerlegende und Boll-Entdecker
„Timo hat unserer Sportart so viel gegeben. Mit manchen Schlägen Tischtennis auf ein neues Level gehoben und sich dabei selbst immer wieder neu erfunden. Timo steht für mich dabei für Fair Play, Kreativität, ist ein Vorbild für viele Generationen von Spielern und ein feiner Mensch. Es war und ist mir eine Ehre, Timo in den verschiedenen Phasen seiner Karriere begleitet haben zu dürfen.
Es ist ja ein Abschied vom Tischtennis auf Raten, da Timo zumindest in Düsseldorf noch eine Saison weiter spielt. Und ich bin sicher, dass Timo in einer Form dem Tischtennis erhalten bleiben wird.“
Richard Prause, DTTB-Sportdirektor und langjähriger Herren-Bundestrainer
„Du wirst immer DIE deutsche Tischtennis-Legende sein!!! Viel Erfolg für deine letzten Abenteuer, Timo!“
Thomas Müller, Fußballprofi FC Bayern München (via LinkedIn)
„Das war und ist eine unglaublich tolle Reise, die aber noch lange nicht (hoffentlich) zu Ende geht, denn der Hochleistungssport und das eigentliche Leben haben viele Facetten. Aktiv oder dann auch passiv haben wir durch den Sport und die Erlebnisse drumherum extrem viel lernen dürfen. Herzliche Gratulation für das, was du sportlich am Besten kannst. Glaub mir: Es gibt auch ein Danach! Es kommt einfach nur darauf an, was wir selbst daraus machen und wie wir es sehen. Bleib Gesund, dankbar und neugierig auf das was kommen mag.“
Dieter Thoma, Skisprung-Olympiasieger (via LinkedIn)
„Ich finde, eine Legende kann machen, was sie will, und wann sie es will: zurücktreten oder weitermachen bis zum 60. Geburtstag. Die deutsche Tischtennis-Legende hat sich für Ersteres entschieden, bevor der Körper die Entscheidung fällt, und das ist gut so.
Was Timo Boll dem deutschen Tischtennis-Sport gegeben hat, um nicht zu sagen: dem deutschen Sport insgesamt – das lässt sich nicht in wenige Worte fassen. Ich bin natürlich nicht der Einzige, dem seine Bescheidenheit, Fairness und Bodenständigkeit ebenso imponiert haben wie seine unglaubliche Konstanz als Leistungssportler auf allerhöchstem Niveau, allen Belastungen und gesundheitlichen Einschränkungen zum Trotz. Man denke nur daran, wie er sich bei der WM in Houston 2021 trotz Bauchmuskelqualen mit schmerzverzerrtem Gesicht ins Halbfinale durchgebissen hat.
Das Schöne ist ja, und ich hoffe, seine „alten“ Knochen spielen dabei mit, dass die Fans in Deutschland sich seine Abschiedstour in der TTBL bald im Kalender notieren können – seiner (Vertrags-) Treue zu Borussia Düsseldorf sei Dank. Und ich wünsche ihm, dass die Bude schon am 30. Juni voll ist beim Finale um die deutsche Meisterschaft gegen den 1. FC Saarbrücken TT in Frankfurt. Ob dann die Trainerfüchse mit ihrer Aufstellung ein Duell zwischen Boll und Franziska herbeiführen? Das hätte was, kurz vor Olympia…“
Norbert König, ZDF-Sportmoderator und -kommentator
„Nachdem Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner 1989 durch den Gewinn der WM im Herren-Doppel einen ersten Boom ausgelöst hatten, hat Timo Tischtennis in Deutschland und Europa auf ein neues Niveau gehoben. Er hat große Siege feiern können, aber auch nach bitteren Niederlagen hat er uns Journalisten Rede und Antwort gestanden. Das spricht für seine hochprofessionelle Haltung und charakterlich ist er einfach ein Pfundskerl geblieben über all die Jahre. Mir war es eine Ehre, ihn gut zwei Jahrzehnte durch seine Karrierre zu begleiten.“
Roman Bonnaire, langjähriger ARD-Tischtennis-Kommentator, jetzt Programmbereichsleiter Fernsehen beim Saarländischen Rundfunk
Timo hat mich auch abseits des Tisches immer beeindruckt durch die Art und Weise, wie er den Menschen in der Halle begegnet ist. So, wie er den Fans mit Engelsgeduld jeden Autogramm- und Fotowunsch erfüllt hat, so hat er sich für uns Journalisten nach seinen Matches auch immer viel Zeit genommen und ist in der Mixedzone geblieben, bis die letzte Frage beantwortet war – ganz egal, ob er gerade einen großen Sieg gefeiert oder eine bittere Niederlage kassiert hatte. Ich wünsche ihm von Herzen, dass sein Abschied in Paris genauso so wird, wie er ihn sich vorstellt.
Susanne Heuing, Chefredakteurin des Fachmagazins „tischtennis“
„Am 8. März 1998, an seinem 17. Geburtstag, wurde Timo Boll in Saarbrücken erstmals Deutscher Meister. Etwas schüchtern bat er bei der Pressekonferenz die Journalisten, ihn nicht zu siezen. Keine Kollegin und kein Kollege konnte damals ahnen, dass der Teenager aus Hessen 26 Jahre später noch immer zu den Top-Stars der Szene gehört.
Der beste deutsche Tischtennisspieler der Geschichte hat sein Verhalten auch mit 43 Jahren nicht grundsätzlich geändert. Boll war nie ein Sprücheklopfer, trat in der Öffentlichkeit eher bescheiden als großspurig auf und konnte so seinen großen sportlichen Ehrgeiz und das Streben nach Titeln, Medaillen und gut dotierten Siegen auf angenehme Art verbergen.
Der Trainerstab des DTTB mit Bundestrainer Jörg Roßkopf an der Spitze hat seinen Ausnahmespieler für das Olympia-Turnier in Paris nominiert. Es sind für Boll, der 2016 Fahnenträger in Rio war, die siebten Olympischen Spiele. Das ist für ihn wichtig, dafür hat sich der Rekord-Europameister nach langer Verletzungspause in einem schmerzhaften Kraftakt in die Weltspitze zurückgekämpft.
Danach will der zweimalige WM-Dritte im Einzel die internationale Bühne verlassen. Es bleibt dem in China hoch geschätzten Boll zu wünschen, dass sein letzter internationaler Auftritt nicht mit Missklängen endet. Eine olympische Medaille im Einzel wird für den Familienvater wohl ein unerfüllter Traum bleiben. Sechsmal scheiterte er vorzeitig bei Olympia – kurioser Weise niemals an einem chinesischen Top-Spieler.“
Peter Hübner, langjähriger Tischtennis-Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur (dpa)
„In fast drei Jahrzehnten absoluter Weltspitze hat Timo allen, die ihn erleben durften, unvergessliche Momente bereitet. Seine ungezählten Erfolge und seltenen Niederlagen haben so sehr berührt, weil er zu jedem Zeitpunkt seiner Karriere bescheiden, bodenständig und authentisch geblieben ist – dafür verehren ihn seine Fans auf der ganzen Welt. Als Sportler und als Persönlichkeit ist Timo Boll ein Vorbild, einer der ganz Großen. Ihn journalistisch begleitet haben zu dürfen, ist ein Privileg.“
Manfred Schillings, DTTB-Mitarbeiter Öffentlichkeitsarbeit, langjähriger DTTB-Pressesprecher, Autor von Boll-Beiträgen der ersten Stunde
„Ich denke, Timo hat ein sehr feines Gefühl für sich und seinen Körper. Wenn er zu dem Entschluss kommt, dass es nun genug ist, dann ist es die richtige Entscheidung und auch genau der richtige Zeitpunkt. Man kann ihm nur gratulieren und beglückwünschen zu einer so großartigen und einmaligen Karriere. Er gehört zu den größten Sportpersönlichkeiten, die Deutschland je hatte, und er war Botschafter Deutschlands und des Tischtennissports in der ganzen Welt. Zudem war bzw. ist er Vorbild für unzählige Kids und Jugendliche in den Vereinen und hat die Werte des Sports wie Anstand, gegenseitigen Respekt, rücksichtsvolles Miteinander und Fair Play tagtäglich mit Leben gefüllt. Ich wünsche ihm und dem deutschen Team viel Erfolg für die anstehenden Olympischen Spiele in Paris und anschließend alles Gute für seine letzte Saison mit Borussia Düsseldorf. Zu guter Letzt wünsche ich ihm, dass er sein Leben nach dem Sport in vollen Zügen genießen kann.“
Christian Süß, langjähriger Nationalteam- und TTBL-Kollege und Doppelpartner
„Ich bin unfassbar dankbar, dass die deutsche Tischtennis-Familie, die TTBL, mein Klub Borussia Düsseldorf und ich selbst ihn hatten. Timo ist ein absolutes Geschenk – sowohl sportlich als auch menschlich. Ich freue mich darüber, dass er bei Olympia und auch danach noch bei uns spielt und möchte die anderthalb Jahre, die wir mit ihm noch haben, genießen. Wir sind froh, dass es ihn gibt. Es ist noch zu früh, darüber zu sprechen, was er geleistet hat, denn noch ist er nicht fertig. Es ist gut, wie er seinen Abschied angeht. Er macht auch dies so rücksichtsvoll, authentisch und bodenständig, wie er alles tut.“
Andreas Preuß, Manager Borussia Düsseldorf und TTBL-Aufsichtsratsvorsitzender
„Timo hat das Welttischtennis in seiner über ein Vierteljahrhundert andauernden und bespiellos erfolgreichen Karriere mitgeprägt. Er trägt großen Anteil daran, dass viele Kinder den Weg zum Tischtennissport gefunden haben. Er ist auch über das Sportliche hinaus ein Vorbild für alle, die Tischtennis und den Sport lieben. Kaum ein Zweiter verkörpert die Werte Höchstleistung, Ausdauer und allem voran Fairness wie er. Bei all dem Erfolg ist er immer bescheiden und bodenständig geblieben. Für mich gehört er zu den größten Sportlern, die Deutschland je hatte. Ich drücke ihm und dem Team Deutschland die Daumen für das Tüpfelchen auf dem i seiner Karriere bei den Olympischen Spielen in Paris und freue mich gleichzeitig mit allen Tischtennisfans, dass er zu mindestens noch ein weiteres Jahr die TTBL bereichern wird. Timo, wir können dir nur von Herzen danke sagen für all die Jahre. Du bist ein ganz Großer!
Nico Stehle, TTBL-Geschäftsführer und ehemaliger Bundesliga-Teamkollege