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DANG QIU UNTERLIEGT FAN ZHENDONG UND SEINEM FRÜHEREN VORBILD

Individual-Weltmeisterschaften in Durban (20. bis 28. Mai) * * * "Im Internet sieht man von Fan Zhendong immer die Dinger, wie er auf beiden Seiten voll durchzieht und wie schnell er sich dabei bewegt", sagt Europas Nummer eins nach dem WM-Aus im Achtelfinale gegen den besten Spieler der Welt. "Das war gerade aber nicht das Entscheidende, sondern eher die Präzision im Aufschlag-Rückschlag-Bereich. Die hat mir heute sehr weh getan."

(c) DTTB

DURBAN. (ZA) Es scheint die Ironie des Schicksals gewesen zu sein. Im ersten Einzel-Achtelfinale seiner Karriere bei Weltmeisterschaften stand Dang Qiu nicht nur Titelverteidiger Fan Zhendong gegenüber. Auf dessen Bank als Coach saß mit Wang Hao ausgerechnet der Mann, der in seiner Blütezeit als Spieler – unter anderem neunfacher Weltmeister, zweifacher Team-Olympiasieger sowie dreifacher Olympia-Finalist im Einzel – den kleinen Dang in der winzigen Sporthalle in Frickenhausen, die auch offiziell „Schafstall“ genannt wird, zu Großem inspirierte. Wang Hao, der von Nicht-Chinesen früher kaum besiegbare Penholder-Akteur, der die Rückhand so kompromisslos, hart und platziert durchzog, dass davon alle Shakehand-Spieler nur träumen konnten.

Hinter Dang Qiu wiederum saß der Mann an der Box, der weiß, wie schwer es ist, einen Chinesen zu schlagen und wie man dieses Kunststück vollbringt. Jörg Roßkopf nämlich, der Doppel-Weltmeister von 1989 und Olympia-Dritte von Atlanta, der auch Wang Hao mal bezwungen hat. In Durban und beim ersten Aufeinandertreffen der Nummer eins der Weltrangliste, Fan, und der Nummer neun als bester Europäer, Qiu, hat es für den 26-jährigen Deutschen noch nicht zum Sieg gereicht.

Präzision, Spielübersicht und „die Dinger, die er von beiden Seiten voll durchzieht“

Gleich den ersten Satz muss man Gegnern aus der Tischtennis-Übermacht klauen, will man ernsthaft an ihrem Thron rütteln, gibt Herren-Bundestrainer Roßkopf immer als Parole aus. Dann schwindet die Selbstsicherheit der Nation, in der gegen Nicht-Chinesen nur der Sieg zählt. Der gebürtige Nürtinger Dang Qiu, Sohn chinesischer Einwanderer als ehemalige Mitglieder des Nationalteams im Reich der Mitte und später Bundesligaprofis in Deutschland, hatte gleich in drei Durchgängen kleine Chancen. Im Ersten egalisierte er einen 4:7-Rückstand und wehrte bei 9:10 den ersten Satzball Fans ab. Im Zweiten stand es 7:7, bevor der gleichaltrige Superstar davonzog. Im Dritten hatte Qiu ein 8:6 auf seiner Haben-Seite.

„Den Unterschied hat gemacht, dass er ein absoluter Topmann ist“, analysierte Qiu. „Gegen etwas schlechtere Spieler gewinne ich die knappen Sätze wahrscheinlich. Ich habe meine paar Chancen vielleicht nicht unbedingt liegenlassen, er hat vielmehr in den wichtigen Situationen sehr präzise gespielt. Er war sehr genau in seinem Plan und hat die Millisekunden des Zweifels, die man vielleicht hat, eiskalt ausgenutzt. Im Vierten hat er einfach zu locker gespielt.“ Im letzten Durchgang lief nicht mehr viel zusammen für Qiu gegen Fan Zhendong, der alles traf und seinen Kontrahenten mehrfach schon mit seinen Aufschlägen zu direkten Fehlern zwang. Den World-Cup-Seriensieger von 2016 bis 2020 zeichnet eine unfassbare Präzision aus mit exzellenten Platzierungen, gepaart mit einer enormen Ruhe und Spielübersicht. Er lässt seine Gegner mit Platzierungen auf die Linie mindestens einen Schritt zu spät kommen oder gibt dem Ball im letzten Moment einen Richtungswechsel mit, der sein Gegenüber komplett ins Leere laufen lässt, Antizipationsvermögen hin oder her. „Im Internet sieht man von Fan Zhendong immer die Dinger, wie er auf beiden Seiten voll durchzieht und wie schnell er sich dabei bewegt“, erzählte der amtierende Einzel-Europameister. „Das war gerade aber nicht das Entscheidende, sondern eher die Präzision im Aufschlag-Rückschlag-Bereich. Die hat mir heute sehr weh getan.“

Roßkopf: „Gutes Spiel auf hohem Niveau“

„Es war ein gutes Spiel von beiden auf einem hohen Niveau“, konstatierte Coach Roßkopf. „Ganz klar war der erste Satz wichtig. In allen drei ersten Sätzen hat Dang jeweils seine Chance gehabt. Schade, dass er schon so früh auf Fan Zhendong getroffen ist, der hier in einer hervorragenden Form spielt. Ich bin mit dem Spiel sehr zufrieden. Dieses erste Aufeinandertreffen der beiden eröffnet uns viele Rückschlüsse für Dangs künftige Spiele.“

Für den Dreifachstarter ist seine vierte WM nun vorbei und endete neben dem Einzel-Achtelfinale mit ebenfalls der Runde der besten 16 im Mixed zusammen mit Nina Mittelham sowie dem schmerzhaften vorzeitigen Aus in Doppelrunde eins zusammen mit Kumpel Benedikt Duda, mit dem er bislang sechs Deutsche-Meister-Titel hintereinander holte.

Im Einzel das Soll erfüllt

„Ich habe mein Soll erfüllt und bin als Nummer neun der Welt ins Achtelfinale gekommen“, bilanzierte Qiu. „Es gibt zwei oder drei Spieler im Tableau, gegen die ich hinten bin, einer davon ist Fan Zhendong. Gegen alle anderen habe ich an einem guten Tag echt gut Chancen weiterzukommen. Dementsprechend war die Auslosung für mich nicht optimal, wenn man im Achtelfinale gegen die Nummer eins der Welt spielt. Aber wir sind schließlich bei einer WM.“

Im Doppel seien sie beim Best-of-Five-Format, das als Einstieg für sie nicht perfekt gewesen sei, überrollt worden. „Nach 0:2 sind wir noch einmal gut zurückgekommen, haben dann aber leider verloren. Im Mixed genau das gleiche: Wir haben ein super Spiel gemacht. Am Ende kamen zwei, drei schöne Bälle unserer Gegner, die uns das Spiel gekostet haben. Wir hätten in jeder Disziplin weit kommen können.“

Die Spiele der Deutschen am Donnerstag

Herre-Einzel, Achtelfinale
Dang Qiu – Fan Zhendong CHN 0:4 (-10,-7,-8,-5)

Damen-Einzel, Achtelfinale
Nina Mittelham – Wang Manyu CHN, 15 Uhr, Tisch 1
Ying Han – Tatiana Kukulkova SVK, 20.30 Uhr, Tisch 1

Herren-Doppel, Viertelfinale
Patrick Franziska/Dimitrij Ovtcharov – Paul Drinkhall/Liam Pitchford ENG, 15.40 Uhr, Tisch 2

Links

Deutsche Delegation in Durban

Einzel-Wettbewerbe

Damen: Ying Han (KTS Tarnobrzeg, Polen), Nina Mittelham (ttc berlin eastside), Xiaona Shan (ttc berlin eastside), Sabine Winter (TSV Schwabhausen), Annett Kaufmann (SV Böblingen)
Herren: Dang Qiu (Borussia Düsseldorf), Dimitrij Ovtcharov (TTC Neu-Ulm), Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken TT), Ruwen Filus (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell), Benedikt Duda (TTC Schwalbe Bergneustadt)

Doppel-Wettbewerbe

  • Damen: Nina Mittelham/Xiaona Shan, Annett Kaufmann/Sabine Winter
  • Herren: Benedikt Duda/Dang Qiu, Patrick Franziska/Dimitrij Ovtcharov
  • Mixed: Dang Qiu/Nina Mittelham, Patrick Franziska/Xiaona Shan                                 

Sportliche Leitung: Richard Prause (Sportdirektor)
Trainerteam: Tamara Boros (Bundestrainerin Damen), Jörg Roßkopf (Bundestrainer Herren), Lars Hielscher (Cheftrainer Düsseldorf), Xiaoyong Zhu (Bundesstützpunkttrainer), Sascha Nimtz (Experte für Videoanalysen, Wissenschaftskoordinator IAT Leipzig)
Medizinische Abteilung: Dr. Antonius Kass (Teamarzt), Dr. Christian Zepp (Sportpsychologischer Experte), Peter Heckert, Annette Zischka (Physiotherapeuten, OSP Hessen in Frankfurt/Main)
Organisationsleiter: Rainer Kruschel (Leiter Referat Leistungssport)

Weitere DTTB-Vertreter:
Dr. Torsten Küneth (Equipment Committee)
Schiedsrichter: Michael Zwipp (Oberschiedsrichter, Langen), Kerstin Duchatz (Herne)
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Benedikt Probst, Manfred Schillings (beide DTTB)

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