FRANKFURT. Der Countdown für die in zwei Tagen beginnenden Team-Europameisterschaften in Malmö (10. bis 17. September) ist in vollem Gange. Am heutigen Freitag heben die Flieger mit den Mitgliedern der deutschen Delegation in Düsseldorf und in Frankfurt ab, am Nachmittag bestreiten die Nationalmannschaften bereits ihre ersten Trainingseinheit in der Malmö Arena. Die ersten Aufgaben für die Titelverteidiger in beiden Konkurrenzen stehen ab Sonntag auf dem Programm: Die Damen treffen um 13 Uhr auf England, die Herren starten vier Stunden später gegen Finnland. In Schweden gibt es neben den Titeln auch Olympia-Tickets für die neuen Europameister sowie insgesamt zwölf Startplätze für die Mannschafts-WM im Februar in Busan (Südkorea) zu gewinnen.
Erneutes Damen-Traumfinale Deutschland gegen Rumänien?
Die in Bestbesetzung nach Schweden reisenden Damen kennen etwas mehr als zwei Monate nach der Final-Niederlage bei den European Games gegen Rumänien in Malmö nur ein Ziel: Die erfolgreiche Verteidigung des vor zwei Jahren in Cluj-Napoca (Rumänien) gegen den damaligen Gastgeber gewonnenen Europameister-Titels. Die DTTB-Auswahl ist, auf dem Papier, leicht vor den bei den Europaspielen in Krakau siegreichen Rumäninnen favorisiert. Kaum jemand zweifelt daran, dass die beiden besten Mannschaften Europas auch diesmal wieder das Finale bestreiten. Portugal und Frankreich, mit Abstrichen auch Gastgeber Schweden, sind Anwärter auf die Medaillen und die gefährlichsten Konkurrenten zugerechnet, der Vorstoß in das Endspiel wäre jedoch eine Sensation.
Die EM-Zweite Nina Mittelham, die 2021 die Mannschaft anführte, die unmittelbar nach Tokio ohne die pausierenden Olympionikinnen Ying Han, Petrissa Solja und Xiaona Shan den Titel holte, hofft auf die erneute Endspielkonstellation gegen die Südosteuropäerinnen: „Nach der Niederlage bei den European Games wollen wir natürlich eine Revanche gegen Rumänien und unseren Titel verteidigen. Hinzu kommt ja, dass der Sieg das direkte Ticket zu den Olympischen Spielen bedeutet. Es gibt zwar auch danach noch andere Qualifikationsmöglichkeiten, aber das erste Ticket ist doch immer das schönste und dann haben wir direkt Klarheit. Die EM ist ein Turnier, das man unbedingt gewinnen will.“
Wie schwer dies allerdings werden kann, musste die deutsche Mannschaft schmerzlich vor zehn Wochen im Finale von Krakau erfahren, und das in Bestbesetzung. Die seit Monaten in Topform spielende European-Games-Einzel-Siegerin Bernadette Szöcs legte mit zwei Punktgewinnen den Grundstein zum Sieg, ihre kaum weniger gefährliche Teamkollegin Elizabeta Samara saß damals sogar verletzt auf der Bank. Die Weltranglistenzehnte Ying Han, die in Krakau im Team Szözs und im Einzel Samara unterlag, träumt von einer erfolgreichen Revanche in Malmö: „Wir gehen mit fünf sehr guten Spielerinnen an den Start und sind noch besser als bei den European Games. Wir sind alle bereit für einen neuen großen Kampf gegen Rumänien. Sollte es dazu kommen, wollen wir ihn auch unbedingt gewinnen. Ich mag es nämlich gar nicht, zu verlieren!“
Bevor es eventuell am 17. September zu der Neuauflage des Traum-Endspiels kommt, beginnt die mit jeweils 24 Nationen ausgetragene EM zunächst an den drei ersten Turniertagen mit der Vorrunde. Aus den acht Vorrundengruppen qualifizieren sich die Erst- und die Zweitplatzierten für die K.o.-Endrunde, die am Donnerstag mit dem Achtelfinale beginnt. Deutschlands Damen, bislang mit insgesamt acht EM-Titeln dekoriert, bekommen es in der Vorrunde mit England und Österreich zu tun. Der Gastgeber der Individual-EM 2024 hat mit Europameisterin Sofia Polcanova eine der besten Spielerinnen des Kontinents in seinen Reihen, die unter anderem durch die ehemalige deutsche Jugendnationalspielerin Amelie Solja Unterstützung erhält. England verfügt zwar in Tin-Tin Ho über eine gute Nummer eins, kommt aber dennoch nicht über die Rolle des Underdogs hinaus. Deutschland geht in der Vorrundengruppe A sowohl gegen England (Sonntag, 13 Uhr) also auch gegen Österreich (Montag, 16 Uhr) favorisiert an den Tisch. Bundestrainerin Tamara Boros sagt: „Die EM ist für uns eine wichtige Station in Richtung Olympische Spiele 2024. Wir werden vom ersten Match an hoch konzentriert sein. Ich glaube fest daran, dass meine Mannschaft es schafft, den Titel zu verteidigen. Dass es dafür aber keine Garantie gibt, haben die European Games gezeigt.“
Die DTTB-Herren werden von der Konkurrenz gejagt
Bei den Herren muss sich der bislang neunmal in die Siegerliste eingetragene Titelverteidiger Deutschland auf dem Weg in das Achtelfinale in der Vorrunde am Sonntag um 19 Uhr mit Finnland und 24 Stunden später mit Polen auseinandersetzen. Das von dem ehemaligen EM-Dritten Jakub Dyjas geführte Polen wird durch das mittlerweile vor dem Routinier in der Weltrangliste platzierte Nachwuchs-Trio Maciej Kubik, Milosz Redzimski und Samuel Kulczycki komplettiert und stellt ein ebenso gefährliches wie hoch motiviertes Team. Während Polens Stärke die Ausgeglichenheit ist, lebt Finnland fast allein von der Klasse seines Spitzenspieler Benedek Oláh. Dieser sorgt seit Jahren immer wieder regelmäßig auch gegen renommierte Stars für Schlagzeilen, wie bei der WM in Durban mit seinem Sieg über den favorisierten Schweden Anton Källberg.
Angeführt von Rekord-Europameister Timo Boll und unterstützt von den Team-WM-Zweiten Benedikt Duda, Ricardo Walther und Kay Stumper sowie dem EM-Debütanten Cedric Meissner nimmt Deutschland in Malmö auch diesmal wieder den Gewinn von Edelmetall ins Visier. Routinier Timo Boll weiß angesichts starker Konkurrenz jedoch um die Schwere der Aufgabe: „Wenn alle im Team an ihrem Limit spielen, können wir jeden ärgern, aber auch nur dann. Das Niveau in Europa ist enger zusammengerückt, gerade Schweden und Frankreich haben sich enorm entwickelt. Portugal ist ein Geheimfavorit für mich, aber auch bestimmt vier bis sechs andere Teams können am Ende ganz oben stehen.“ Der Weltranglistenzehnte Dimitrij Ovtcharov, Europameister Dang Qiu und Ex-Europe-Top-16-Sieger Patrick Franziska stehen diesmal nicht im Aufgebot. Das Trio, das zum engsten Kreis der Olympiakandidaten gehört, bestreitet mangels ausreichender Termine zeitgleich zur EM zusammen mit Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf einen mehrwöchigen Trainings-Lehrgang in Düsseldorf.
Für die deutsche Mannschaft zeichnet in Malmö Lars Hielscher verantwortlich. Der DTTB-Cheftrainer Düsseldorf hat ein klares Ziel vor Augen: „Wir hoffen, auf das Treppchen zu kommen. Wir sind sicherlich auch in der Lage, mit unserer Mannschaft jede andere schlagen zu können, aber es gibt mittlerweile einen wirklich breiten Kreis an sehr starken Konkurrenten, beispielsweise Gastgeber Schweden oder Frankreich und Portugal. Aber nicht nur diese vier Teams, die ja auch bei den European Games im Halbfinale standen, gehen aussichtsreich in das Turnier. Da sind auch noch Slowenien mit Darko Jorgic und Deni Kozul, Kroatien mit Andrej Gacina und Tomislav Pucar, das derzeit starke Dänemark mit Anders Lind und Jonathan Groth. Es gibt viele Mannschaften, die auf einem sehr ähnlichen Niveau spielen, darunter auch Polen, einer unserer Gruppengegner. Deshalb wird das eine sehr offene Europameisterschaft.“
Startplätze für die WM in Busan und die Olympischen Spiele zu vergeben
In Schweden werden in beiden Konkurrenzen jeweils zwölf Tickets für die Team-Weltmeisterschaften im Februar 2024 (16. bis 25.2.) in Busan vergeben. Die acht Viertelfinalisten sind automatisch für Südkorea qualifiziert. Weitere vier Plätze gehen an die vier besten der acht Mannschaften, die im Achtelfinale ausscheiden. Basis für die Qualifikation dieser Teams ist die im Oktober erscheinende Team-Weltrangliste. Bei der Team-EM, an der je 24 Mannschaften teilnehmen, erreichen die Erst- und Zweitplatzierten der acht Vorrundengruppen das Achtelfinale. Anschließend werden die Europameister im K.-o.-System ermittelt.
Die Europameister von Malmö werden zudem nicht nur mit dem Titel, sondern außerdem mit einem direkten Startplatz für die Olympischen Spiele in Paris 2024 belohnt. Im Falle des Nichtgelingens müssen die DTTB-Vertretungen allerdings nicht um ihre Teilnahme an den Sommerspielen bangen, denn die Möglichkeiten der Qualifikation sind vielfältig. Bei der Mannschafts-WM Ende Februar in Südkorea werden weitere Startplätze für Paris ausgespielt. Sollten die Nationalmannschaften des DTTB selbst nach Busan noch nicht unter den Olympia-Teilnehmern sein, können sich der Olympiazweite der Herren von Tokio und die Olympia-Halbfinalistinnen der Damen außerdem über die Team-Weltrangliste qualifizieren. Die Herren belegen in der ITTF-Notierung aktuell Platz zwei, die Damen Position drei.
Links
DIE EINTEILUNG DER VORRUNDENGRUPPEN*
Herren
A: Deutschland, Polen, Finnland
B: Schweden, Tschechien, Italien
C: Frankreich, Ukraine, Serbien
D: Portugal, Ungarn, Griechenland
E: Kroatien, Österreich, Schweiz
F: Slowenien, Dänemark, Türkei
G: England, Rumänien, Norwegen
H: Belgien, Slowakei, Niederlande
Damen
A: Deutschland, Österreich, England
B: Rumänien, Slowenien, Kroatien
C: Frankreich, Italien, Türkei
D: Portugal, Serbien, Bulgarien
E: Slowakei, Tschechien, Niederlande
F: Ungarn, Ukraine, Belgien
G: Luxemburg, Polen, Wales
H: Schweden, Spanien, Griechenland
*Die Erst- und Zweitplatzierten jeder Gruppe erreichen das Achtelfinale.
DER ZEITPLAN
Sonntag, 10. September
Gruppenspiele, 1. Durchgang (u.a.)
Damen, Gruppe A
13 Uhr, Tisch 2: Deutschland – England
Herren, Gruppe A
19.00 Uhr, Tisch 2: Deutschland – Finnland
Montag, 11. September
Gruppenspiele, 2. Durchgang (u.a.)
Damen, Gruppe A
16 Uhr, Tisch 2: Deutschland – Österreich
Herren, Gruppe A
19.00 Uhr, Tisch 2: Deutschland – Polen
Dienstag, 12. September
Gruppenspiele, 3. Durchgang (u.a.)
Damen, Gruppe A
19 Uhr, Tisch 2: Österreich – England
Herren, Gruppe A
19.00 Uhr, Tisch 1: Polen – Finnland
Mittwoch, 13. September
ETTU-Kongress
Donnerstag, 14. September
10 Uhr, 13 Uhr, 16 Uhr und 19 Uhr, Damen-Achtelfinale
10 Uhr, 13 Uhr, 16 Uhr und 19 Uhr, Herren-Achtelfinale
Freitag, 15. September
10 Uhr, 13 Uhr und 16 Uhr, Damen-Viertelfinale
13 Uhr, 16 Uhr und 19 Uhr, Herren-Viertelfinale
Samstag, 16. September
10 Uhr und 13 Uhr, Damen-Halbfinale
16 Uhr und 19 Uhr, Herren-Halbfinale
Sonntag, 17. September
14.00 Uhr, Damen-Finale
17.30 Uhr, Herren-Finale
Siegerehrung für beide Wettbewerbe ca. 20 Minuten nach dem Herren-Finale
DAS EM-AUFGEBOT DES DTTB
Herren
Benedikt Duda (TTC Schwalbe Bergneustadt, Weltrangliste vom 05. September: 37)
Timo Boll (Borussia Düsseldorf, WR: 66)
Ricardo Walther (ASV Grünwettersbach, WR: 70)
Cedric Meissner (1. FC Saarbrücken-TT, WR: 97)
Kay Stumper (Borussia Düsseldorf, WR: 128)
Damen
Ying Han (KTS Tarnobrzeg/Polen, Weltrangliste vom 5. September: 10)
Nina Mittelham (ttc berlin eastside, WR: 21)
Xiaona Shan (ttc berlin eastside, WR: 34)
Annett Kaufmann (TTC Böblingen, WR: 51)
Sabine Winter (TSV Dachau, WR: 68)
Sportliche Leitung
Richard Prause (Sportdirektor)
Trainerteam
Tamara Boros (Bundestrainerin Damen), Lars Hielscher (Cheftrainer Düsseldorf), Elke Schall-Süß (DTTB-Honorartrainerin)
Medizinische Abteilung
Dr. Thomas Garn (Teamarzt), Dr. Christian Zepp (Sportpsychologischer Experte), Peter Heckert, Birgit Schmidt (Physiotherapeuten, OSP Hessen in Frankfurt/Main)
Organisationsleiter
Kolja Rottmann (DTTB-Leistungssport)
Schiedsrichter
Sven Weiland (Oberschiedsrichter, Uhingen), Anja Gersdorf (Düsseldorf)