HYÉRES. (FRA) Jubel und Enttäuschung lagen an diesem Wochenende im German Sailing Team nah beieinander. Bei der Semaine Olympique Française im Revier von Hyères ging in acht von zehn olympischen Segeldisziplinen die nationale Ausscheidung für die olympische Testregatta in Marseille (9. bis 16. Juli) und für die Weltmeisterschaft in Den Haag (11. bis 20. August) mit Überraschungen aber auch Enttäuschungen zu Ende.
In den Erfolgsdisziplinen 470er Mixed und ILCA 7 haben die GER-Akteure auf Kurs Olympia 2024 erneut ihre Weltklasse unter Beweis gestellt. Allen voran setzten Malte und Anastasiya Winkel (Schweriner Yacht-Club/Norddeutscher Regatta Verein) mit ihrem Sieg im Medaillenrennen ein dickes Ausrufezeichen hinter ihre olympischen Ambitionen. Mit dieser Finalleistung gelang dem 470er-Mixed-Team der Sprung auf den dritten Podiumsplatz und damit das beste DSV-Ergebnis bei der Weltcup-Regatta in Frankreich. Gleichzeitig erfüllte das segelnde Ehepaar aus Kiel damit alle Kriterien zur Nominierung für das olympische Test-Event in diesem Jahr.
470er-Coach Steve Lovegrove: „Malte und Anastasiya sind von Tag zu Tag stärker geworden“
Bei mindestens drei deutschen Top-Teams im 470er Mixed war gerade diese Ausscheidung in der Zweihandjolle als Generalprobe für die Olympia-Qualifikation im kommenden Jahr mit großer Spannung erwartet worden. Teil der herausragenden 470er-Mixed-Gruppe im German Sailing Team sind Simon Diesch und Anna Markfort (Württembergischer Yacht-Club/Verein Seglerhaus am Wannsee). Das Duo war nach gelungener Serie im Medaillenrennen einem Einzelrückruf gefolgt und zur Startlinie zurückgekehrt. In der Endabrechnung der Semaine Olympique Française bedeutete das Platz fünf. Eine schwarze Serie dagegen erwischten die amtierenden 470er-Mixed-Weltmeister Luise Wanser und Philipp Autenrieth (Norddeutscher Regatta Verein/Bayerischer Yacht-Club), die nicht über Platz 19 hinauskamen.
„Es war eine sehr, sehr harte Regatta. Malte und Anastasiya sind von Tag zu Tag besser geworden und können nun sehr viel Selbstbewusstsein aus diesem Ergebnis ziehen“, zog 470er-Mixed-Coach Steve Lovegrove Bilanz. Der Brite weiß um die Gesamtstärke des deutschen Aufgebots im 470er-Mixed-Segeln, das 2024 vor Marseille olympische Premiere feiert. Mit Blick auf die in dieser Woche unglücklich agierenden Weltmeister Luise Wanser und Philipp Autenrieth sagte Lovegrove: „Ein schwaches Event bedeutet nach so vielen Top-Ergebnissen nicht, dass eine Crew nicht gut segelt. Sie werden wiederkommen.“
470er-Steuermann Malte Winkel: „Die Gruppe macht uns alle stark.“
Zur Erfolgswoche für seine Crew, die vor Hyères für alle Klassen mit zwei Tagen starkem Mistral-Wind begonnen hatte und dann sehr leichtwindig und fordernd zu Ende ging, sagte Malte Winkel: „Wir waren mental die ganze Woche gut drauf. Die Bedingungen waren für alle hart. Natürlich segelt es sich entspannter, wenn man weiß, dass man keinen fetten Streicher mitschleppt. Ins Medaillenrennen sind wir gut gestartet und konnten das Feld bis ins Ziel kontrollieren.“ Auch im Moment des Sieges erinnerte Malte Winkel an den Zusammenhalt in der deutschen 470er-Mixed-Trainingsgruppe: „Die Gruppe macht uns alle stark. Wir gönnen uns die Erfolge gegenseitig und sind alle der Meinung, dass die Besten auf dem Wasser gewinnen sollen. Wir haben uns in Palma für Luise und Philipp über Silber gefreut. In dieser Woche waren sie nicht da, wo sie hingehören.
Im ILCA 7 ging die nationale Qualifikation für das olympische Test-Event vor Hyères mit zwei Seglern unter den besten Sechs und einer Überraschung zu Ende: Perspektivkadersegler Nik Aaron Willim (Norddeutscher Regatta Verein) konnte sich wie schon bei der Europameisterschaft erneut gegen den Laser-Weltmeister Philipp Buhl durchsetzen. Damit erfüllte der 26-Jährige aus Kiel alle Bedingungen zur Nominierung für die Pre-Olympics. „Ich bin glücklich, dass ich zeigen konnte, dass die EM kein ‚Lucky Punch‘ war, sondern ich mich zweimal vor ‚Mighty Philipp‘ platzieren konnte. Das ist nach so vielen Jahren mit Rückschlägen ein riesiger Schritt für mich.“ Als seine wichtigsten Schlüssel zum Erfolg in Frankreich nannte Nik Willim seine Allround-Qualitäten, seine neu erarbeitete physische Fitness und mehr mentale Stärke.
ILCA-7-Steuermann Nik Willim: „Es fühlt sich crazy und noch etwas unwirklich an“
ILCA-7-Steuermann Nik Willim (c) Thom Touw Photography – anklicken/vergrößern –
Er selbst habe zu Saisonbeginn an seine Chance geglaubt, aber Philipp Buhl höhere Chancen im Duell um die Fahrkarte zum olympischen Test-Event eingeräumt: „Philipp ist seit Jahren und immer noch der beste deutsche Olympiasegler im German Sailing Team. Es fühlt sich crazy und noch etwas unwirklich an, dass ich ihn nun zweimal schlagen konnte.“ Für Philipp Buhl stellt sich die Situation andersherum dar: „Ich bin traurig und enttäuscht. Es erschüttert mich, dass ich mich hier nicht durchsetzen konnte. Die Erfahrung bei der olympischen Test-Regatta wäre für mich sehr wichtig gewesen. Das heißt aber nicht, dass ich nicht trotzdem erfolgreich Olympische Spiele bestreiten kann. Die olympische Medaille bleibt das Ziel.“
Mit zehnten Plätzen konnten in Hyères auch ILCA-6-Steuerfrau Julia Büsselberg (Verein Seglerhaus am Wannsee) und Formula-Kiter Jannis Maus (Cuxkiters) Punkte für ihr Qualifikationskonto sammeln. Ebenso gelang das Kiter Flo Gruber und seiner Teamkameradin Leonie Meyer (beide Norddeutscher Regatta Verein) mit jeweils 13. Plätzen.
Im 49erFX ersegelten die jungen Hamburgerinnen Marla Bergmann/Hanna Wille (Mühlenberger Segel-Club) nach ihrem starken sechsten Rang in Palma vor Hyères Rang 16 und empfahlen sich damit für die Nominierung zum olympischen Test-Event. Das gilt auch für die olympischen Bronzemedaillen-Gewinner Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer (Kieler Yacht-Club). Die Kieler Foiling-Könner blieben zwar in Frankreich nach einer Erkrankung Kohlhoffs in der Vorwoche als 25. überraschend in der Silberflotte hängen, hatten aber mit Platz sechs bei der Trofeo Princesa Sofía in Palma ihre Zugehörigkeit zur Weltspitze zu Saisonbeginn bereits nachgewiesen.
Mit der beendeten französischen Weltcup-Regatta steht die nationale Qualifikationsserie für die beiden Jahreshöhepunkte kurz vor dem Abschluss. Nur bei den iQFOiL-Windsurfern mit Weltmeister Sebastian Kördel (NRV) steht Teil zwei der Ausscheidung mit der Europameisterschaft in Griechenland Anfang Mai noch aus.
Der Deutsche Segler-Verband wird seine Teams für das olympische Test-Event in Marseille (9. bis 16. Juli) und die Weltmeisterschaft aller olympischen Disziplinen in Den Haag (11. bis 20. August) zeitnah bekanntgeben.
Hier geht es zu den Ergebnissen der Semaine Olympique Française: https://sof.regatta.ffvoile.fr/en/default/races/race-resultsall