- von LOKALSPORT - über SPORT REGIONAL - bis SPORT INTERNATIONAL -

„DIE WM IST TOLL, ABER WIR WOLLEN MEHR !“

Für Rugby Deutschland sind RWC 7s Start in Zukunft mit mehr Highlights

Manuel Wilhelm, Vorstand Leistungssport in Rugby Deutschland, im Interview (c) DRV

HEIDELBERG. Am kommenden Sonntag fliegt das deutsche 7er-Rugbynationalteam ab nach Südafrika, um dort als erstes A-Nationalteam der Männer in der Geschichte Rugby Deutschlands an einer Weltmeisterschaft teilzunehmen. In acht Tagen steht dann für das Wolfpack das WM-Auftaktspiel gegen Chile auf dem Programm. Bis zu diesem Punkt war es ein langer Weg mit einigen Höhen, aber auch dem einen oder anderen Tief. Nach einer starken Saison belohnen sich die 7er-Männer nun aber mit einem echten Highlight im Cape Town Stadium. Doch diese WM soll für Rugby Deutschland nicht der Höhepunkt dieser langen gemeinsamen Reise sein, sondern eher der Startpunkt für die nächste Etappe auf dem Weg zu vielen weiteren solcher Highlights, wie Manuel Wilhelm, Vorstand Leistungssport in Rugby Deutschland, im Interview unterstreicht.

Herr Wilhelm, Rugby Deutschland hat lange drauf gewartet: Nun stehen die Rugby World Cup 7s vor der Tür. Was bedeutet das für den Verband und die Rugby-Nation Deutschland?

MW.: Die Einzigartigkeit ergibt sich natürlich aus der Verbandsgeschichte. Es gab mal eine Studentenauswahl, die bei einer WM teilgenommen hat, auch ein Jugend-Nationalteam. Aber eine A-Nationalmannschaft der Männer war noch nie bei einer WM dabei. Wir sind natürlich wahnsinnig stolz, dass wir das geschafft haben, zumal wir einen wirklich langen und durchaus auch steinigen Weg genommen haben. Wir haben das deutsche 7er-Programm Stück für Stück professionalisiert, viele Spieler und auch die Vereine haben einen großen Anteil daran, dass uns das gelungen ist. Jetzt sind wir erleichtert, dass diese harte Arbeit vorerst in der WM-Teilnahme gipfelt. Für uns heißt das aber nicht: Ziel erreicht. Vielmehr ist diese WM-Teilnahme ein neuer Aufbruch in die Richtung zu weiteren Turnieren dieser Größenordnung.

Es war schon bis zu diesem Zeitpunkt eine Saison mit vielen Höhepunkten: EM, WM-Qualifikation, zuletzt die Weltserien-Qualifikation, die leider einmal mehr nicht gelungen ist.

Schmälert das die Bilanz? Wie ordnet man so eine Saison ein?

MW.:Das neuerliche Verpassen der World Series sitzt natürlich tief. Das war das übergeordnete Ziel in dieser Saison, das haben wir leider nicht erreicht. Aber so ist es im Sport. Auch andere Team investieren viel Engagement in das gleiche Ziel und versuchen es schon viele Jahre – wie wir auch. Auf die WM-Qualifikation können wir stolz sein. Das hat nach den zwei Jahren Corona-Pause auch viel Kraft gekostet. Über den zweiten Platz bei der EM freuen wir uns auch, selbst wenn wir wissen, dass wir einen möglichen Titelgewinn auf dem Altar der WM-Qualifikation geopfert haben. Dazu sind uns noch erfahrene Spieler ausgefallen. Ich denke schon, dass der EM-Titel unter anderen Voraussetzungen durchaus drin gewesen wäre. Aber zusammengefasst: Mit Blick auf die reinen Ergebnisse war es für Rugby Deutschland gemessen an der Größe und dem Potenzial des Verbandes schon bis hierher eine ausgesprochen gute Saison, die wir jetzt mit guten Leistungen bei der WM krönen wollen. Es ist aber auch gut, dass wir als Verband mehr wollen. Stichwort Olympia in Paris und Los Angeles. Und dafür werden wir in den nächsten Wochen und Monaten – beginnend mit dieser WM – weiter hart arbeiten. Man spricht immer von einem langen und harten Weg. Aber von einem international zweitklassigen Team bis zum Europameister und WM-Teilnehmer hat es „nur“ zehn Jahre gedauert. Einige ältere Spieler sehen die WM womöglich als Zieleinlauf ihrer Karriere an.

Wie ist das 7er-Programm für die Zukunft aufgestellt?

MW.: Bislang gibt es noch keine Aussagen von Spielern über ein Karriereende nach der WM. Aber grundsätzlich darf man sagen, dass die Entwicklung des Teams sehr beeindruckend war. Als wir angefangen haben, hatten wir nur wenige Ressourcen, die wir komplett in eine Mannschaft gesteckt haben. Das war ja keine „goldene Generation“, aber sie hat die Entwicklung maßgeblich geprägt und auch davon profitiert, dass sie fast jedes Turnier spielen mussten. Deshalb sind sie heute tolle und international respektierte 7er-Spieler. Erst, als dieses Team erste Erfolge einspielte und damit Aufmerksamkeit generierte, konnten wir in die Erweiterung des Programms investieren. Daraus entwickelten sich dann Spieler wir Niklas Koch, Tim Lichtenberg, aber auch Robert Haase und Niklas Hohl. Und ab dann kamen jedes Jahr zwei, drei gute Spieler dazu, die heute eine wichtige Rolle im Team spielen – wie Jack Hunt, Ben Ellermann oder Chris Umeh.

Um den Nachwuchs ist es also gut bestellt?
MW.: In den zwei Corona-Jahren war es besonders schwer für die Nachwuchsarbeit. Das heißt, dass wir jetzt verstärkt darin investieren müssen, weiter jüngere Spieler an das Topteam heranzuführen. Wir sind da aber auf einem guten Weg. Wir haben ein starkes Gerüst, welches es uns ermöglicht, in den kommenden Jahren weitere Talente auf dieses Niveau zu bringen.
Natürlich ist es möglich, dass dann auch mal ein paar hakelige Turniere dabei sind, aber das ist Teil des Entwicklungsprozesses, und die Spieler lernen auch daraus. Jetzt ist aber erst mal WM. Das Team hat ja zum Beispiel in Hongkong, auf der Weltserie oder auch bei den Oktoberfest 7s in München schon vor tollen Kulissen gespielt.

Aber was erwartet die Jungs jetzt in Südafrika?
MW.: Turniere wie in Hongkong sind toll, keine Frage. Aber eine WM in so einem Rugby-verrückten Land – das ist einmalig, und da kann man sich nur drauf freuen. Da wird es sicher den einen oder anderen Gänsehautmoment oder auch mal wackelige Knie geben. Aber genau für solche Momente haben die Jungs so viel investiert. Ich hoffe, dass sie das für sich mitnehmen, und dass sie das auch für ihre Mitspieler, die nicht dabei sein können, und für ihre Familien, die auch viel investiert haben, einfach genießen. Wir jedenfalls sind stolz auf unsere Mannschaft und überzeugt davon, dass sie Rugby Deutschland in Kapstadt würdig vertreten wird.

Liebe Leserin, lieber Leser
des SPORT-MEDIUMS – sport-rhein-erft.de,

 

wir freuen uns, wenn Sie unsere Arbeit mit einem monatlichen ABO in Höhe von 3,--€, 5,-- € oder 10,-- € unterstützen.

 

Unterstützen Sie uns mit Ihrem Beitrag