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DRV MIT VERKLEINERTEM AUFGEBOT AM STARTEM

EM IN UNGARN * * * Zeidler will seinen dritten EM-Titel holen * * *

(c) meinRuderbild.de

SZEGED. (HUN) ist ziemliches Neuland für die Ruder-Szene. Die Regattabahn, ein künstlicher See im Westen der 160 000-Einwohner-Stadt im Dreiländereck zwischen Ungarn, Serbien und Rumänien, war vor 35 Jahren Austragungsort der Junioren-Weltmeisterschaft. Viel bekannter ist sie aber im Kanu-Sport, wurden in Szeged doch schon vier Mal die Weltmeisterschaften ausgetragen – zuletzt 2019. Nun sind die Ruderer zurück im ungarischen Olympia-Zentrum: Von Donnerstag bis Sonntag (25. bis 28. April 2024) werden dort die Europameisterschaften ausgetragen. Mit über 470 Startenden aus 30 Nationen ist das Meldeergebnis gut.

Verwoben ist die EM mit der kontinentalen Qualifikationsregatta für die Olympischen Spiele und die Paralympics, die erstmals auch für Europa ausgetragen wird. Sie ist die Chance für die „kleinen“ Ruder-Nationen, ebenfalls in Paris dabei zu sein. Es dürfen nur Nationen teilnehmen, die weniger als zwei Startplätze bei den letzten Weltmeisterschaften errungen haben. Ausgefahren werden eine unterschiedliche Zahl von Quotenplätzen im Einer, PR1-Einer und Leichtgewichtsdoppelzweier (jeweils Männer und Frauen). Rund 50 Athlet:innen sind hier am Start.

Der Deutsche Ruderverband geht mit einem vergleichsweise kleinen Aufgebot in die EM: Neun Boote sind es im A-Bereich, vier im Para-Bereich. Ursprünglich war im A-Bereich geplant, mit allen Booten, die in einem Monat bei der finalen olympischen Qualifikationsregatta in Luzern (19. bis 21. Mai 2024) antreten sollen, zugunsten einer optimalen Vorbereitung auf die EM-Teilnahme zu verzichten. Das gilt weiterhin für den Männer-Zweier ohne und den Männer-Vierer ohne sowie den Frauen-Doppelzweier, die in Dortmund und Berlin trainieren. Hingegen müssen sich der Leichtgewichts-Zweier der Männer und der Frauen-Zweier ohne in Szeged einem weiteren Test unterziehen. Für den neu aufgebauten Frauen-Achter zählt ohnehin jedes Rennen, das er absolvieren kann. 

Nicht dabei ist bei der EM auch der Männer-Doppelvierer, der beim ersten Weltcup in Varese gleich zwei Ausfälle zu verzeichnen hatte. Tim Ole Naske kehrt zwar beim Training in Ratzeburg wieder zurück ins Boot, Schlagmann Moritz Wolff ist hingegen noch nicht wieder gesund. Gut, dass es für den WM-Sechsten aufgrund der erreichten Olympia-Qualifikation noch keinen Zeitdruck gibt. Unbesetzt bleibt bei der EM auch der Leichtgewichts-Doppelzweier der Frauen. Wegen einer fehlenden Perspektive für die finale Olympia-Qualifikation wurden Johanna und Marion Reichardt, die in Varese noch gestartet waren, bereits für Szeged nicht nominiert.   

Neue Konstellation Gaus/Leerkamp

Der Leichtgewichts-Zweier der Männer wird umbesetzt. Arno Gaus ersetzt Jonathan Rommelmann und wird die EM zusammen mit Paul Leerkamp fahren. „Wir müssen diese Konstellation ausprobieren, auch wenn das viele Diskussionen ausgelöst hat“, sagt Cheftrainerin Brigitte Bielig. Für Rommelmann, den Olympia-Zweiten von Tokio, ist es natürlich enttäuschend, den Platz im Boot kurz vor der Nominierung für die finale Olympia-Qualifikation erst einmal räumen zu müssen. Er ist in Szeged nicht dabei und trainiert stattdessen in Berlin. Das nicht ganz zufriedenstellende Abschneiden von Leerkamp/Rommelmann beim Weltcup in Varese stand einer sehr guten Relationsleistung von Gaus/Leerkamp bei der vorangegangenen Ausscheidung in Hamburg gegenüber, als Rommelmann verletzt ausgefallen war. Außerdem beeindruckte die aktuelle Verfassung von Gaus in Varese, als er nicht nur Zweier im leichten Einer wurde, sondern parallel auch im schweren Doppelvierer einsprang. 

Nicht infrage kommen für einen Start bei der finalen Olympia-Qualifikation Nikita Mohr und Finn Wolter, die in Varese auf eigene Initiative gestartet und als Fünfte einen Rang vor Leerkamp/Rommelmann ins Ziel gekommen waren. „Wir haben ihren Start in Varese ermöglicht, weil sie im letzten Jahr U23-Weltmeister geworden sind und es das letzte Leichtgewichtsjahr unter den bisherigen Bedingungen ist. Aber für die finale Olympia-Qualifikation haben sie die schon im letzten Dezember beschlossenen Voraussetzungen nicht erfüllt“, sagt Bielig.

Sarassa/Reif wollen sich empfehlen

Für den Zweier ohne der Frauen geht es bei der EM darum, sich für die Nominierung für die finale Olympia-Qualifikation zu empfehlen. Das war Lena Sarassa und Hannah Reif in Varese trotz Rang sechs noch nicht gelungen. „Es ist ein Elf-Boote-Feld, Tschechien kommt hinzu. Es wird spannend“, sagt Bielig, die schon im Vorlauf vollen Kampf von den Beiden erwartet.

Zeidler möchte dritten EM-Titel holen

Für unsere für Olympia qualifizierten Boote wird die EM eine Standardortbestimmung. Es gibt gute Starterfelder. Nun greifen auch die osteuropäischen Länder ein“, sagt Cheftrainerin Brigitte Bielig. Klarer Kandidaten für seinen dritten EM-Titel nach 2019 und 2021 ist Oliver Zeidler. Nach seinem siegreichen Saisoneinstand beim Weltcup vor zwei Wochen in Varese hat es der Weltmeister dieses Mal mit einem kleineren Starterfeld zu tun. Der Niederländer Simon van Dorp, in Varese Zweiter, pausiert bei der EM und wird von Pieter Van Veen vertreten. Dafür greifen Olympiasieger Stefanos Ntouskos (Griechenland) und der letztjährige WM-Dritte Sverri Nielsen (Dänemark) ins Geschehen ein. 

Meisterkette soll Föster beflügeln

Eine gute Chance, auf dem Treppchen zu landen, hat der Papierform nach auch Alexandra Föster. Durch die Abwesenheit von Karolien Florijn (Niederlande), der Dominatorin im Frauen-Einer, ist das Titelrennen offen. Mit der Bulgarin Desislava Angelova und der Litauerin Viktorija Senkute geben zwei Ruderinnen ihr internationales Saisondebüt, die bei der letzten WM vor Föster platziert waren. Die Sauerländerin legte mit Rang zwei beim Weltcup in Varese hinter Florijn einen sehr guten Start hin. Am letzten Wochenende holte sich Föster bei den deutschen Kleinboot-Meisterschaften in Krefeld auch die ihr letztes Jahr entgangene Meisterkette. 

Männer-Achter will wieder aufs Podium

Ein Platz auf dem Podium ist auch das Ziel des Deutschland-Achters. Großbritannien dürfte erneut nicht zu schlagen sein, aber die auf Platz zwei hinter den Briten abonnierten Niederlande haben für die EM nicht gemeldet. Das restliche Teilnehmerfeld hat es mit Italien, Rumänien, Österreich und der in diesem Jahr erstmals startenden Ukraine durchaus in sich für die Crew um Schlagmann Hannes Ocik. Das Finale wird bereits am Samstag ausgetragen. Die beiden Ersatzleute Mark Hinrichs und Marc Kamann treten im Zweier ohne an. 

Gutfleisch vertritt erneut Schendekehl

Aussichten auf eine EM-Medaille hat auch der Doppelvierer der Frauen. Tabea Schendekehl bekommt Zeit, wieder ganz gesund zu werden, und wird wie in Varese von Lisa Gutfleisch vertreten. Ersatzfrau ist Juliane Faralisch. In Varese landete das DRV-Quartett hinter den Niederlanden und der Ukraine auf Platz drei. Beide Boote sind ebenso wie das komplette Finalfeld des ersten Weltcups auch in Szeged am Start.

Gelsen/Weber und ein Fragezeichen

Sehr stark besetzt ist das EM-Feld im Männer-Doppelzweier. Unter den 16 Booten sind acht fixe WM-Starter, Jonas Gelsen und Marc Weber gehören dazu. Beide verloren beim Weltcup-Start in Varese den Kampf um Platz drei nur hauchdünn gegen Irland. Dass die Iren nicht für die EM gemeldet haben und die Niederlande anstelle der Weltmeister Twellaar/Broenink ein Nachwuchsboot schicken, macht die immer stärker werdenden Hessen zu einem möglichen Podiumskandidaten und bringt Italien als dem Varese-Zweiten in die Favoritenrolle. Abzuwarten bleibt aber, ob Gelsen nach einer Erkrankung tatsächlich schon wieder in Bestform antreten kann.  

Frauen-Achter soll Rückstände knapp halten

Nur vier Boote umfasst das EM-Feld im Frauen-Achter. Italien, Großbritannien und Rumänien, das anders als in Varese mit seiner Top-Besetzung antritt, dürften vom deutschen Boot nicht zu gefährden sein. „Es geht darum, die Abstände nicht zu groß werden zu lassen. Ich hoffe, das gelingt mit dem in Varese erworbenen Selbstvertrauen trotz der erneuten Ausfälle“, sagt Bielig mit Blick auf die finale Olympia-Qualifikation. Melanie Göldner und Alyssa Meyer müssen erkrankt passen, die beiden Ersatzruderinnen Alissa Buhrmann und Harriet Wappler-Niemeyer springen kurzfristig ein.

Nationalteam Para sieht EM als Aufbauwettkampf

Für die Nationalmannschaft Para formuliert Cheftrainer Marc Stallberg die Vorgabe so: „Wir sehen die EM in allen Booten nicht erfolgs-, sondern aufbauorientiert. Es ist unsere erste Regatta in diesem Jahr, wir wollen die Abläufe in den Rennen und in den Tagen einstudieren. Das große Ziel ist Paris.“ Für die Paralympics sind die deutschen Boote bereits in vier der fünf Wettkampfklassen qualifiziert. Jasmina Bier und Paul Umbach, die neue Paarung im PR2 Mixed-Doppelzweier, soll in Szeged Aufschluss darüber geben, ob das Boot stark genug ist, um über die finale Paralympics-Qualifikation in Luzern ebenfalls noch den Sprung zu den Paralympics anzustreben. 

Jan Helmich, der den PR3 Mixed-Doppelzweier jetzt zusammen mit Hermine Krumbein bestreitet, bekam am Montag noch die Startfreigabe für die EM. Krumbein musste das Training zuletzt wegen Rückenproblemen zurückfahren. „Wir haben deshalb erst am Sonntag entschieden, dass beide starten können. Beide bilden eine neue Paarung, die sich erst aufeinander einspielen muss. Wir werden sehen, wo wir mit der neuen Kombination stehen“, sagt der Cheftrainer Para. 

Alles nach Plan verlief zuletzt bei Manuela Diening. Die WM-Fünfte des letzten Jahres sei „aktuell sehr fit“, sagt Stallberg. Im Fünfer-Feld des PR1 Frauen-Einers ist alles dabei, was Rang und Namen hat, angeführt von der norwegischen Para-Ikone Birgit Skarstein. „Das wird eine Standortbestimmung für Manuela.“ Weniger rund lief es durch eine Zerrung, die ihn über Ostern zu einer Pause zwang, bei Marcus Klemp. Für den WM-Vierten von 2023 entschied sich der EM-Start nach einer gut absolvierten Belastung ebenfalls erst am Sonntag. Im großen Feld mit neun Startern möchte Klemp trotzdem seine Vorjahresleistungen bestätigen.

Nicht am Start ist bei der EM nur der deutsche PR3 Mixed-Vierer. Der Grund: Kathrin Marchand war nach dem Trainingslager in Sevilla vier Wochen lang verletzt für das Wassertraining ausgefallen. Bei einem Trainingslager in Köln steigt sie wieder ins Boot ein, das sich nun gleich auf den Weltcup in Luzern vorbereitet.

Das Aufgebot des Deutschen Ruderverbandes für die EM 2024

Männer-Einer: Oliver Zeidler (Frankfurter RG Germania)

Männer-Doppelzweier: Jonas Gelsen, Marc Weber (RC Nassovia Höchst, RuS Steinmühle Marburg)

Leichter Männer-Doppelzweier:  Paul Leerkamp, Arno Gaus (Osnabrücker RV, Bonner RG)

Männer-Zweier ohne Steuermann: Mark Hinrichs, Marc Kammann (Limburger Club für Wassersport und Der Hamburger und Germania RC)

Männer-Achter: Benedict Eggeling, Laurits Follert, Olaf Roggensack, Mattes Schönherr, Max John, Torben Johannesen, Wolf-Niclas Schröder, Hannes Ocik und Steuermann Jonas Wiesen (RC Favorite Hammonia, Crefelder RC, RC Tegel, RC Potsdam, ORC Rostock, RC Favorite Hammonia, RU Arkona Berlin, Schweriner RG, RG Treis-Karden)

Frauen-Einer:  Alexandra Föster (RC Meschede)

Frauen-Doppelvierer:

Maren Völz, Lisa Gutfleisch, Leonie Menzel, Pia Greiten, (RC Potsdam, Heidelberger RK, RC Germania Düsseldorf, Osnabrücker RV)

Ersatz Frauen-Skull: Juliane Faralisch (Frankfurter RG Germania)

Frauen-Zweier ohne Steuerfrau: Lena Sarassa, Hannah Reif (Crefelder RC, Frankfurter RG Germania

Frauen-Achter: Judith Guhse, Alissa Buhrmann, Tabea Kuhnert, Sophie Leupold, Lena Osterkamp, Annabelle Bachmann, Harriet Wappler-Niemeyer, Nora Peuser und Steuerfrau Annalena Fisch (Rendsburger RV, Lübecker RG, SC Magdeburg, Pirnaer RV, Deutscher RC, RV Ingelheim, Ulmer RC Donau, RU Arkona Berlin, RK am Wannsee)

Para

PR1 Männer-Einer: Marcus Klemp (Olympischer RC Rostock)

PR1 Frauen-Einer: Manuela Diening (RV Münster)

PR2 Mixed-Doppelzweier: Jasmina Bier, Paul Umbach (RG Hansa Hamburg, RC Nürtingen)

PR3 Mixed-Doppelzweier: Hermine Krumbein, Jan Helmich (RK Normannia Braunschweig, RC Hansa Dortmund)

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