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SPANNUNG VOR WELTCUP-START MIT 16 DEUTSCHEN BOOTEN

von Hans Strauss

Mit gewohntem Ehrgeiz in die olympische Rudersaison: Alexandra Föster will beim Weltcup in Varese im Frauen-Einer einen guten Start hinlegen. Foto: Yannik Schurwanz

VARESE. (ITA) Mit 16 Booten stellt der Deutsche Ruderverband beim ersten Weltcup-Rennen des Olympia-Jahres auf dem Lago di Varese in Norditalien zusammen mit Großbritannien, den Niederlanden und Italien eines der größten Aufgebote. Die Spannung ist groß, wie sich die Nationalmannschaft schlagen wird. „Für uns ist Varese eine wichtige Überprüfung in der Beurteilung unseres internationalen Leistungsstandes und für weitere Nominierungsentscheidungen“, sagt Cheftrainerin Brigitte Bielig vor den Wettkämpfen, die von Freitag bis Sonntag (12. bis 14. April 2024) laufen.

Insgesamt ist das Meldeergebnis mit rund 450 Sportler:innen überschaubar. Etliche europäische Nationen wie Tschechien, Polen, Frankreich, Griechenland, Bulgarien, Serbien und Ungarn fehlen und vertagen ihre erste Standortbestimmung auf die EM Ende April in Ungarn. Von sämtlichen Übersee-Nationen ist in Varese nur Australien mit einer jungen Mannschaft am Start. Neuseeland, die USA und China kommen erst später nach Europa.

In sechs Bootsklassen ist der DRV bereits für die Olympischen Spiele in Paris (27. Juli bis 4. August) qualifiziert: Einer, Doppelzweier, Doppelvierer und Achter der Männer; Einer und Doppelvierer der Frauen. In weiteren Bootsklassen ist es möglich, über die finale Qualifikation in Luzern (19. bis 21. Mai) noch den Sprung nach Paris zu schaffen. Das sind Zweier, Vierer, Leichtgewichts-Doppelzweier der Männer sowie Zweier, Achter, Doppelzweier und Leichtgewichts-Doppelzweier der Frauen. Entsprechend stehen die dafür neu zusammengesetzten Boote in Varese besonders im DRV-Fokus. „Nach dem nationalen Ausscheid in Hamburg ist das jetzt unser internationaler Ausscheid, wenngleich es auch noch eine zweite Chance bei der EM geben kann“, sagt Bielig. Wie viele Boote tatsächlich für die Nachqualifikation nominiert werden, ist offen. Die Qualifikationshürde ist hoch: In der Schweiz können sich in jeder Klasse nur zwei Nationen noch für die Spiele qualifizieren.

Projekt Frauen-Vierer ohne vom Tisch

Das angedachte Projekt, bis zur EM noch einen Frauen-Vierer ohne zu formieren, musste schnell wieder aufgegeben werden. Aufgrund der dünnen Kaderdecke war keine Bootsbildung möglich. Durch die krankheitsbedingten Ausfälle von Tabea Kunert und Katarina Tkachenko im Achter, dessen Olympia-Qualifikation Vorrang hat, mussten Vierer-Kandidatinnen dort nachrücken.

Einige Kandidaten für die Top-Drei-Ränge

Die physiologischen Verbesserungen über den Winter sollen der Nationalmannschaft nun in Varese erste gute Ergebnisse bescheren. „Aus den Trainingslagern heraus wurde gut gearbeitet, auch wenn wir noch Reserven haben“, sagt Bielig. Die Vorbereitungsphase auf Varese war zwar auch von krankheitsbedingten Ausfällen geprägt, doch Kandidaten für die Top-Drei-Ränge gibt es im deutschen Team trotzdem einige. An erster Stelle ist natürlich Einer-Weltmeister Oliver Zeidler zu nennen, der sich nach einem planmäßig verlaufenen Winter zum Saisonauftakt auf den Vergleich mit dem WM-Zweiten Simon van Dorp freut. Den Niederländer schätzt Zeidler auch als seinen größten Rivalen ein, wenn es in Paris um Gold geht (lesen Sie hier mehr).

Aufs Podium hofft der Frauen-Doppelvierer mit Maren Völz, Leonie Menzel, der genesenen Pia Greiten und Schlagfrau Tabea Schendekehl, der physisch das stärkste Boot darstellt, das der DRV in dieser Klasse seit Jahren hat. Im ungewöhnlich kleinen Feld mit sechs Booten sind Weltmeister Niederlande und der WM-Dritte Großbritannien die Favoriten. Etwas gehen könnte auch für den neugebildeten Frauen-Doppelzweier mit Frauke Hundeling und Sarah Wibberenz. Er trifft ebenfalls in einem Sechser-Feld auf vier bereits für Olympia qualifizierte Boote, aber keines der letztjährigen Top-Teams, und versucht, Richtung Paris-Qualifikation ein erstes Zeichen zu setzen.

Im Frauen-Einer starten mit der seit zwei Jahren ungeschlagenen Weltmeisterin Karolien Florijn (Niederlande) und Alexandra Föster nur zwei Sportlerinnen, die bereits für Paris gebucht sind. Interessant wird für die mit exzellenten Ergo-Werten aufwartende Föster auch sein, wie stark sich die Irin Sanita Puspure, Weltmeisterin von 2019, bei ihrer Rückkehr vom Mannschaftsboot in den Einer präsentiert. Zweite deutsche Starterin ist Juliane Faralisch, die ihre ausgezeichnete Physis mit Wettkampfpraxis anreichern soll.

Männer-Achter: Rumänien zu knacken?

Ein Kandidat für das Podium ist auch der Männer-Achter, wenn es gut läuft. Im Sieben-Boote-Feld sind Weltmeister Großbritannien und der WM-Zweite Niederlande wie gewohnt die Favoriten. Aber den Rückstand will das Boot um Lokomotive Laurits Follert und Wieder-Schlagmann Hannes Ocik möglichst geringhalten und den WM-Vierten Rumänien schon gerne knacken. 

Gespannt auf beide leichte Doppelzweier

Gespannt darf man auf den Auftritt der beiden Leichtgewichts-Doppelzweier der Männer sein. Im Zwölf-Boote-Feld dürften die Schweiz und Italien, bei der letzten WM mit Silber und Bronze dekoriert, den Maßstab setzen. Paul Leerkamp und Jonathan Rommelmann, der wieder gesund ist, werden versuchen, mitzumischen. Ersatzmann Arno Gaus, der Rommelmann beim nationalen Ausscheid bestens vertrat, tritt im Leichtgewichts-Einer an. Für die letztjährigen U23-Weltmeister Nikita Mohr und Finn Wolter ist Varese als zweites DRV-Boot der erste große Auftritt im A-Bereich.

Im schweren Männer-Skull sind die Erwartungen vielleicht nicht ganz so groß, der Druck durch die bereits gesicherten Paris-Tickets aber auch geringer. Der von Marc Weber und Jonas Gelsen gebildete Doppelzweier überzeugte trotz des längeren Ausfalls von Gelsen mit seiner Physis, wird Varese aber aus dem normalen Training herausfahren. Die Mannschaft hat sich bereits in Varese vorbereitet, was aufgrund des – noch immer nicht ganz abgeklungenen – Hochwassers nicht unproblematisch war. Im Zwölf-Boote-Feld starten insgesamt sechs Olympia-Teilnehmer, mit den Weltmeistern Twellear/Broenink (Niederlande) an der Spitze. Beim Doppelvierer der Männer fällt Moritz Wolff weiter erkrankt aus. Die Schlagposition übernimmt von ihm Julius Rommelmann, der ins Boot rückt. Mit der veränderten Formation, zur der außerdem Anton Finger, Max Appel und Tim Ole Naske gehören, ist die Zielstellung wohl, im Zehn-Boote-Feld das Finale zu erreichen.

Zwei Premieren im Männer Riemen

Im Männer Riemen wollen zwei neuformierte Boote noch die Paris-Qualifikation erreichen. Der Zweier ohne mit Julius Christ und Sönke Kruse lässt aufgrund seiner guten Physis hoffen und misst sich im Elf-Boote-Feld gleich mit fünf Olympia-Startern, darunter Weltmeister Italien und den legendären Sinkovic-Brüdern aus Kroatien, die hinsichtlich besserer Olympia-Chancen vom Doppelzweier in den Zweier zurück gewechselt sind. Der Männer-Vierer mit Frederic Breuer, Malte Großmann, Kaspar Virnekäs und Schlagmann Jasper Angl hat es im Zehn-Boote-Feld mit drei fixen Paris-Startern zu tun: Weltmeister Großbritannien, den Niederlanden und Australien (jedoch in anderer Besetzung). Dahinter könnte es zu einer engen und spannenden Angelegenheit werden, in der sich das DRV-Boot Selbstvertrauen holen will.

Der leichte Doppelzweier der Frauen wird in Varese weiter von Marion und Johanna Reichardt gebildet. Ihre verbesserte Physis brachte beiden die Startchance. Für die Zwillingsschwestern geht es im Neun-Boote-Feld mit Großbritannien und Kanada als Favoriten nun darum, vielleicht den Sprung ins Finale zu schaffen. 

Der von Lena Sarassa und Hannah Reif gebildete Zweier ohne der Frauen hat seine nationale Spitzenstellung behauptet und startet nach WM-Platz 15 im letzten Jahr international einen neuen Anlauf. Das Acht-Boote-Feld ist mit Weltmeister Niederlande und vier weiteren Paris-Startern recht stark besetzt. Dänemark und Kroatien wollen die beiden DRV-Starterinnen hinter sich lassen. Auf einem verbesserten Gesamtniveau geht der Frauen-Achter in den Wettkampf in Varese. Unter den sechs Konkurrenten sind Weltmeister Rumänien und die ebenfalls für Olympia qualifizierten Boote aus Australien und Großbritannien. Die Aufgabe besteht darin, auf den ersten 1000 Metern mitzufahren und am Ende vor dem neugebildeten Boot aus Dänemark und vielleicht auch Italien 2 zu bleiben.

Ruder-Unfall hoffentlich gut verkraftet 

Alle hoffen, dass der Frauen-Achter und der Zweier ohne ein einschneidendes, Panik verursachendes Erlebnis während des Trainingslagers in Erba gut verkraftet haben. Bei einem für die Verantwortlichen nicht vorhersehbaren Unwetter, das auf dem von Bergen umgebenen Lago di Pusiano schnell aufzog, waren beide Boote aufgrund der hohen Wellen nicht mehr ruderbar, schlugen voll Wasser und trieben ab. Während die Zweier-Ruderinnen noch auf den begleitenden Katamaran überwechseln konnten, vermochten die Achter-Ruderinnen erst am gegenüberliegenden Seeufer auf Sand auszusteigen. Dort mussten sie einige Zeit in nasser Kleidung ausharren, wurden dann aber von aufmerksamen Anwohnern mit dem Auto zurück ins Ruderzentrum gebracht. Zum Glück waren die Folgen des Unfalls für die anschließend medizinisch und psychologisch intensiv betreuten Sportlerinnen halbwegs glimpflich. Mit Ausnahme von Katarina Tkachenko allerdings, die erkrankt für den Weltcup ausfällt. Der am anderen Ufer wieder eingesammelte Zweier hatte nur einige Dellen.

Die Rennen beginnen am Freitag, am Samstag und Sonntag gibt es einen Livestream auf www.worldrowing.com. Die A-Finals werden am Sonntag zwischen 11.05 und 14.30 Uhr ausgetragen.

Events

12 Apr 24

14 Apr 24

Weltcup I – Varese

Nationalmannschaft

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