HANNOVER. Nur wenige Rudervereine in Deutschland sind in der glücklichen Situation, hauptamtliche Trainer für ihre Mitglieder beschäftigen zu können. Das Rückgrat vieler Rudervereine bilden daher die zahlreichen ehrenamtlichen Trainer, die sich mit viel Engagement in die Ruderausbildung einbringen. Zwar verfügt ein Großteil der Trainer über entsprechende Lizenzen, jedoch ist es aufgrund der ehrenamtlichen Tätigkeit nicht immer einfach, sich neben dem Beruf kontinuierlich fortzubilden und die Lizenzen gültig zu halten. Mit diesem Problem sah ich mich auch konfrontiert, als meine Lizenz vor einiger Zeit ausgelaufen ist. Selbst wenn man es sich beruflich einrichten kann, an einem Präsenzlehrgang an der Ruderakademie Ratzeburg teilzunehmen, sind die Plätze hier oft schon kurz nach der Veröffentlichung der Termine ausgebucht.
Hier hat der DRV mit der Lerumgebung edubreak®Sportcampus ein nützliches Tool zur individuellen Aus- und Fortbildung zur Verfügung. Durch den Online-Charakter kann sich jeder Teilnehmer seine Zeit für die Absolvierung von Aufgaben frei einteilen und die Diskussionsforen bietet das Tool zudem die Möglichkeit, sich mit Ausbildern, Referenten und Lehrgangsteilnehmern auszutauschen und Trainingsmethoden zu besprechen.
Ich habe das Angebot gemeinsam mit einem Vereinskameraden ausprobiert. Zunächst haben wir uns über die E-Learning Plattform des DRV registriert und unsere Profile ausgefüllt. Wir haben beschrieben, was wir in unserem Verein machen und wie wir selbst zum Rudern gekommen sind. Auch die anderen Teilnehmer haben ihre Profile zeitnah hochgeladen und man konnte sofort die unterschiedlichen Facetten der Teilnehmer erkennen. Es war interessant zu sehen, welche Menschen sich in anderen Vereinen engagieren und man hat trotz vieler Unterschiede große Verbindungen erkennen können.
Nachdem wir uns gegenseitig vorgestellt hatten, haben die Referenten des DRV, Reinhart Grahn und Andreas König, die Aufgaben freigeschaltet. Zunächst bekamen wir eine Einführung in das aktuelle Ruderleitbild des DRV. Wir mussten es analysieren und auf unsere Tätigkeit im Verein herunterbrechen. Das war insofern spannend, als das ich auf der einen Seite meine Erfahrungen mit Trainern aus meiner Jugend wiedergefunden habe und gleichzeitig neue – und durchaus nachvollziehbare – Aspekte der Ausbildung kennen gelernt habe. Der Ruderschlag, wie wir ihn vor über 20 Jahren ausgeführt haben, unterscheidet sich zwar in einigen Details, aber die Physik hinter dem Ruderschlag ist die gleiche geblieben. Auf diese Dynamik und diese Zusammenhänge sollten Trainer bewusst achten.
Die Aufgaben haben nach und nach aufeinander aufgebaut und uns wurden neben fachlichen Tipps auch methodische Elemente, wie zum Beispiel die Videoanalyse vorgestellt. Hier sollten wir ein Trainingsvideo erstellen, hochladen und es selbst schrittweise bewerten. Anschließend wurden alle Videos für die Gruppe freigeschaltet und jeder konnte die Videos der anderen Teilnehmer sowie die jeweiligen Kommentare der übrigen Teilnehmer lesen und bewerten. Durch diese virtuelle Diskussion sind zahlreiche Meinungen sowie Pros und Kontras zu den Bewertungen zusammengekommen, was die Vielfalt unseres Sports verdeutlicht hat. Dennoch konnten wir in allen Sequenzen den Zusammenhang zum Ruderleitbild herstellen und hilfreiche Tipps zur Ausbildung herausarbeiten.
Grundsätzlich hatte jeder Teilnehmer die Möglichkeit, innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne, die Aufgaben zu lösen. Nachdem man seine Ergebnisse hochgeladen hatte, wurden diese von den Ausbildern bewertet und wir haben ein ausführliches Feedback bekommen.
Diese freie Zeiteinteilung zur Bearbeitung der Aufgaben ist der besondere Vorteil der Online-Ausbildung. Der Lehrgang hat sich insgesamt über 5 Monate gestreckt und in Abhängigkeit der Komplexität der Aufgabe hatten wir zwischen 1 und 10 (wegen Sommerferien) Wochen Zeit zur Bearbeitung. Trotz dieser freien Zeiteinteilung wurde es bei mir hin und wieder dennoch knapp, rechtzeitig meine Ergebnisse hochzuladen, sodass ich auch hier den ein oder anderen langen Abend am Rechner verbracht habe. Vor allem, weil es spannend ist, die Ausarbeitungen der anderen Teilnehmer mit den eigenen Ausführungen zu vergleichen. Hier sind darüber hinaus auch spannende Diskussionen zur Trainingsmethodik mit den anderen Teilnehmern entbrannt.
Insgesamt kann ich diese Form der Fortbildung sehr empfehlen. Sie frischt vorhandenes Wissen auf, vermittelt neue Erkenntnisse und kann zur Vernetzung zwischen Übungsleitern beitragen. Sie ersetzt sicherlich nicht die Teilnahme an Präsenz-Lehrgängen oder an Gemeinschaftsprojekten der Rudervereine. Aber sie ist für Trainer, die keine Gelegenheit für mehrwöchige Präsenz-Lehrgänge haben, ein ausgezeichnetes Tool zur individuellen Aus- und Fortbildung und zur Steigerung der Qualität der Ruderausbildung.
Aus meiner Sicht hätten es ein paar Aufgaben mehr sein können und ich würde mir wünschen, wenn viele Trainer dieses Angebot wahrnehmen würden und der DRV die Bedarfe sieht, die Angebote auszubauen. Der Leistungssport braucht eine solide und hochkarätige Grundausbildung von Beginn an. Diese Grundvoraussetzungen werden in den Vereinen in der Fläche geschaffen und nur wenn von hier gut ausgebildete Ruderer an die Leistungszentren entsendet werden, kann der Leistungssport in Deutschland wieder Fahrt aufnehmen. Mit dem Online-Tool könnte ein Anfang gemacht sein.