PRINCE GEORG. (CAN) Minus 18 Grad zu Beginn, plus 18 Grad am Ende – die deutsche Nationalmannschaft im Para Ski nordisch hat in ihrer Zeit bei den Weltmeisterschaften und beim Weltcup-Finale in British Columbia beide Extreme erlebt. Am Abschlusswochenende zeigte sich der Frühling von seiner energischsten Seite. Der kanadische Sitzski-Athlet Collin Cameron, der in den finalen Saisonrennen Gold und Silber holte, bedankte sich bei seinen Wachsern scherzhaft für die Bereitstellung eines Surfbretts. Und Anja Wicker bemerkte nach dem Sprint am Samstag lachend: „Auf der Zielgeraden gab es definitiv ein paar Wellen zu surfen.“
Wicker surfte gut und erfolgreich. Ihr beherzter Schlusssprint sicherte ihr den Sieg zwei Sekunden vor Yunji Kim aus Korea. Aline dos Santos Rocha aus Brasilien, die Sprint-Weltmeisterin von 2023, wurde Dritte. Am Sonntag über 20 Kilometer gewann Wicker vollkommen ungefährdet vor dos Santos Rocha, Christina Picton
(Kanada) folgte auf Rang drei; die beiden schärfsten Konkurrentinnen der Stuttgarterin, Oksana Master und Kendall Gretsch (beide USA), hatten auf einen Start beim Weltcup-Finale verzichtet, um sich auf ihren Auftritt bei den Paralympics im Sommer in Paris vorzubereiten. Anja Wicker ließ sich diese Chance nicht nehmen, dominierte die verbliebene Konkurrenz und gewann beide Kristallkugeln für den Gesamtweltcup. Im Para Biathlon war es ihr vierter Gesamtsieg, im Para Langlauf der zweite nach 2023.
Eine doppelte erfolgreiche Titelverteidigung ihrer Vorjahrestitel gelang Linn Kazmaier und ihrem Guide Florian Baumann bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung. Ihr Sieg zum Abschluss war standesgemäß. Die 17-Jährige war erneut die Athletin des Winters, gewann zwölf von 15 Einzelrennen. In Toblach hatte einmal Simona Bubenickova (Tschechien) gesiegt, in Martell einmal Carina Edlinger (Österreich), in Prince George einmal Leonie Walter (SC St. Peter) – alle anderen Rennen, inklusive der drei Wettkämpfe bei der Para Biathlon-WM, gingen an Kazmaier. „Natürlich freut mich das. Aber viel wichtiger ist für mich, dass ich gute Rennen gelaufen bin. Ich hatte nur zweimal das Gefühl, etwas besser hätte machen zu können“, sagte sie.
Entsprechend fröhlich äußerte sich die Jüngste im Team nach dem 20-Kilometer-Massenstart am Sonntag, dem längsten Rennen des gesamten Winters. „Es war hart, aber es hat einen Megaspaß gemacht“, berichtete sie. Kazmaier und Baumann hefteten sich in den ersten beiden Runden an die Fersen von Leonie Walter und ihrem Guide Christian Krasman, zogen dann vorbei und immer mehr davon. „Wir konnten es gut bis zum Ende durchziehen“, sagte Kazmaier. Walter/Krasman wurden Zweite, Johanna Recktenwald (Biathlon-Team Saarland) mit Guide Pirmin Strecker Dritte.
Rolf Nuber aus dem deutschen Trainerteam bewertete die Ergebnisse der deutschen Athletinnen als „Riesenerfolg“. Bei den Männern machten sich derweil Substanzverluste bemerkbar. Nico Messinger (Ring der Körperbehinderten Freiburg und frisch gewählter Freiburger Sportler des Jahres 2023) konnte am Wochenende krankheitsbedingt nicht mehr antreten, die körperlich ebenfalls angeschlagenen Marco Maier (SV Kirchzarten) und Lennart Volkert (PSV München, mit Guide Nils Kolb) verzichteten am Sonntag auf einen Start im Massenstart.
„Der Akku ist leer“, sagte Marco Maier, der – geschwächt von einer vorherigen Erkältung – das auch in seiner Paradedisziplin spürte: dem Sprint, in dem er 2023 Weltmeister wurde. Am Samstag in Prince George reichte es „nur“ für Rang sechs. „Ich hatte im Finallauf nichts mehr entgegenzusetzen.“ Lennart Volkert schaffte es bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung ins Halbfinale und wurde letztlich Achter.
Mit seinem ersten vollständigen Weltcup-Winter kann der 20-Jährige aus Markt Schwaben zufrieden sein. „Wenn er weiter so fleißig bleibt wie bisher, wird er eine gute Zukunft haben“, sagt Rolf Nuber.
Weitere Informationen zum Team und zu den Wettkämpfen in Prince George:
https://caledoniacompetitions.com
Foto: – anklicken – Linn Kazmaier und ihrem Guide Florian Baumann