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PARA LEICHTATHLETIK-WM IN PARIS

Fünf WM-Titel und zwölf Paralympics-Slots

TSV BAYER LEVERKUSEN - (c) Oliver Heuser 

PARIS. Fünf Mal Gold, zwei Mal Silber und fünf Mal Bronze: Das Team Deutschland Paralympics hat die Generalprobe bei der Para Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Paris mehr als bestanden. Mit einem jungen Team wurde die Medaillenausbeute der vergangenen WM in Dubai 2019 übertroffen – auch wenn es weniger goldene waren.

Es war eine runde Geschichte für den erfolgreichsten deutschen Athleten bei der WM: Léon Schäfer hatte im Pariser Stade Charléty nicht nur die allererste deutsche Medaille gewonnen – Gold mit Weltrekord von 7,25 Metern im Weitsprung der oberschenkelamputierten Athleten – sondern er sprintete auch im allerletzten Wettbewerb der WM zu Bronze über 100 Meter. Gleich am Morgen nach Schäfers Weltrekord-Krimi im sechsten Versuch erreichte die deutsche Jubelstimmung dank Fahnenträger Yannis Fischer ein neues Highlight, denn der WM-Titel des 21-jährigen kleinwüchsigen Kugelstoßers mit deutschem Rekord von 11,43 Metern in der Klasse F40 kam durchaus überraschend. Markus Rehm, der mit WM-Rekord von 8,49 Metern seinen sechsten WM-Titel holte, Irmgard Bensusan, die gänzlich unerwartet ihren 200-Meter-Erfolg von Dubai 2019 wiederholte und Johannes Floors, der über 400 Meter in 45,81 Sekunden nur drei Hundertstelsekunden über seinem Weltrekord blieb, gewannen die weiteren Goldmedaillen.

Silber gab es für Speerwerferin Francés Herrmann, die vor der WM auch nicht so recht wusste, für was ihre Leistungen gut sein könnten und Kugelstoßer Niko Kappel, der zwar seine zweitbeste Weite der Saison ablieferte, mit Platz zwei als Weltrekordhalter aber doch irgendwie nicht so ganz glücklich war, weil sein usbekischer Konkurrent einfach noch besser drauf war. Ähnlich erging es Sprint-Paralympicssieger Felix Streng und auch Schäfer am Abschlussabend über 100 Meter, die mit Bronze nicht so richtig wussten, ob sie sich freuen oder ärgern sollen. Riesengroß hingegen war der Jubel bei der ersten deutschen Bronzemedaille von Nele Moos, die im Weitsprung mit Bestleistung zu ihrem ersten internationalen Erfolg springen konnte und beim „Saarland-Express“ in Form von Nicole Nicoleitzik, die über 100 und 200 Meter auch durchaus unverhofft zur doppelten Bronzemedaille kam. Vierte Plätze – und damit sogenannte „Slots“, also deutsche Startplätze für die Paralympics in Paris – erkämpften Kugelstoßer Sebastian Dietz und die Jüngste im Team, die erst 16-jährige Friederike Brose im Weitsprung.

Junior-Team „erfrischend und schön“

Zwölf Slots für die Paralympics setzen das bei der WM mit 27 Athletinnen und Athleten sowie zwei Guides deutlich größere Team aber auch unter Druck – denn bei der kommenden WM in Kobe, die von 2021 in den Mai 2024 verschoben wurde – gibt es nur für die beiden Erstplatzierten Slots, der Rest wird über ein Qualifikationsranking aufgeteilt. Da wiegt es umso schwerer, dass ein sicher geglaubter Slot von Katrin Müller-Rottgardt und Guide Noel Fiener nach dem Einzug ins Finale der besten Vier und dem Gewinn der Silbermedaille durch eine Disqualifikation wieder annulliert wurde. Und dass Newcomer Andreas Walser um einen Zentimeter an Rang vier vorbeisprang und Fünfter wurde und Rennrollstuhlfahrerin Merle Menje über 5000 Meter ebenfalls nur sechs Hundertstelsekunden zu Platz vier fehlten.

Und dennoch: Der Plan, das Junior-Team mit elf WM-Neulingen bei den Weltmeisterschaften internationale Wettkampferfahrung sammeln zu lassen, ist für Bundestrainerin Marion Peters voll aufgegangen: „Die jungen Athletinnen und Athleten haben sich wirklich sehr, sehr gut präsentiert, das ist erfrischend und schön. Wir haben tolle Beispiele für diesen Weg, die jetzt mit Medaillen belohnt worden sind: Nele Moos war 2019 bei der WM 17 Jahre jung, war in Tokio und gewinnt hier Bronze. Oder Yannis Fischer, der 2021 bei der EM und den Paralympics war und jetzt Weltmeister ist. Wir hatten alleine drei Abiturientinnen dabei, die nächstes Jahr mehr trainieren können – da kann man diese Strategie schon als sehr gelungen einschätzen.“

Fahren glücklich und motiviert nach Hause“

Im internationalen Vergleich sieht Peters Deutschland positiv – zumal es den ersten Vergleich seit zwei Jahren gegeben hatte. War es bei der WM 2019 noch Rang neun im Medaillenspiegel mit sieben Gold-, zwei Silber- und zwei Bronzemedaillen, fand sich das deutsche Team nach den Paralympics in Tokio auf Platz zwölf mit vier Mal Gold, fünf Mal Silber und sechs Mal Bronze wieder. Nun also Platz 13 mit fünf Gold-, zwei Silber- und fünf Bronzemedaillen. „Wir haben namhafte Athleten hinter uns gelassen und noch Luft nach oben. Es waren für uns als Team ganz tolle Weltmeisterschaften, wir hatten einen tollen Teamspirit. Der Sieg von Léon war ein Eisbrecher für die ganze Mannschaft, Markus und Johannes haben geliefert. Das sind Stützen für eine Mannschaft, die man braucht. Nur wenn das funktioniert, kann man auch den Jungen eine Chance geben. Wir fahren glücklich und motiviert nach Hause und freuen uns auf nächstes Jahr.“

Die Kritik am Veranstalter – Stichwort mangelhafte Startblöcke oder fehlende Handtücher bei den Prothesensprintern zum Abtrocknen – will Peters nicht überbewerten, zumal nach den deutlichen Unmutsäußerungen auch reagiert wurde. „Man darf nicht vergessen, dass wir ein Jahr vor den Paralympics und den Olympischen Spielen stehen und da zwei ganz andere Organisationskomitees sind. Paris hat sich dieser Aufgabe dennoch gestellt und deshalb möchte ich ihnen im Namen der Mannschaft auch meinen Respekt zollen.“ Die eigene Organisation bezeichnete die Bundestrainerin als sehr gelungen: Das Hotel lag keine 400 Meter vom Stadion entfernt und die kurzen Wege zeigten sich auch im Stadion. Immer, wenn ein deutscher Athlet oder eine deutsche Athletin am Start war, konnte man sich auf einen großen Fanblock verlassen – und das beflügelte.

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