LEVERKUSEN. Sieben Bayer-Leichtathletinnen und -Leichtathleten haben Tickets zur WM vom 15. bis 24. Juli im legendären Hayward Field in Eugene/Oregon ergattert, eine „tolle Ausbeute“ nennt das Jörn Elberding, Geschäftsführer der Leichtathletik-Abteilung des TSV Bayer 04 Leverkusen. Die ehemalige 5000-Meter-WM-Dritte Konstanze Klosterhalfen sei nach ihrer Coronainfektion „ein bisschen eine Wundertüte“, prophezeit er. Dafür traut Elberding dem Hochsprung-Europameister Mateusz Przybylko viel zu: „Ich habe das Gefühl, dass er die Last des Europameisters abgelegt und zu alter Form zurückgefunden hat.“
Siebenkämpferin Sophie Weißenberg sei gut drauf und könne vielleicht für eine Überraschung sorgen. Die beiden Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre und Torben Blech, werden so gut es geht versuchen, in der aktuell enorm leistungsstarken Weltspitze um den Jahresbesten Armand Duplantis (6,16 Meter) aus Schweden mitzumischen. Und dann sind da noch die beiden WM-Überraschungen Judith Franzen und Annkathrin Hoven, die sich über die 400 Meter in dieser Saison sensationell gesteigert haben. „Sie sind ein tolles Team mit der jungen Trainerin Andrea Grönbebaum, da hoffen wir für beide auf einen Staffeleinsatz“, sagt Elberding.
Die sieben Leverkusener WM-Starter / StarterInnen mit ihren Gedanken zur WM stellen wir nun im Einzelnen vor:
Judith Franzen, 4 x 400 Meter, 4 x 400 Meter Mixed, 23 Jahre alt, Zahnmedizinische Fachangestellte, frisch gekürte DM-Zweite mit PB von 52,27 Sekunden: „Die Aufregung steigt, je näher die WM rückt. Allerdings bin ich vielmehr positiv gestimmt als nervös, da ich mich sehr auf die vielen neuen Eindrücke, das Stadion und das Team freue. Da meine Saison bisher besser verlief als ich es mir je hätte vorstellen können, bin ich absolut motiviert und habe richtig Bock darauf, die Erfahrung mit der Staffel machen zu dürfen und alles zu geben!“ Ein ausführliches Interview mit Judith, die bis 2017 noch Mehrkämpferin war, danach Kurz-Sprinterin und erst seit 2020 die 400 Meter favorisiert.
Annkathrin Hoven, 4 x 400 Meter, 21 Jahre alt, Studentin, DM-Fünfte mit PB von 52,64 Sekunden: „Die Vorfreude ist riesig und ich bin sehr gespannt, wie es ist, Teil einer solchen Mannschaft zu sein und bei einem so großen Ereignis dabei sein zu können. Da ich Ersatzläuferin bin, hoffe ich natürlich, auch wirklich laufen zu dürfen. Doch es wäre auch super, die anderen anzufeuern, zu unterstützen und die Atmosphäre in Eugene zu genießen.“
Konstanze Klosterhalfen, 5000 Meter, 25 Jahre alt, Sportstudentin, Halterin u.a. der Deutschen Rekorde über 5.000 Meter (14:26,76 Minuten) und 10.000 Meter (31:01,71 Minuten), WM-Dritte über 5000 Meter 2019, lebt und trainiert in Portland in den USA, verpasste zuletzt die Deutschen Meisterschaften wegen einer Corona-Infektion: „Ich freue mich unheimlich auf die WM, es fühlt sich an wie ein Heim-Meeting. Meine Familie kommt und Freunde werden da sein. Zu einer WM mit dem Auto nur 90 Minuten zu brauchen, ist wunderbar und entspannt die Situation – vor allem jetzt, da ich nach der Coronainfektion meinen Trainingszustand schwer einschätzen kann.“
Sophie Weißenberg, Siebenkampf, 24 Jahre alt, Sportsoldatin und Sportstudentin, U-23-EM-Zweite 2019, Bestleistung: 6293 Punkte (2019), deutete zuletzt mit Bestleistungen über die Hürden und die 200 Meter an, das mehr in ihr steckt: „Mein großes Ziel war natürlich primär allein die WM-Teilnahme, und ich freue mich jetzt riesig darauf. Ich bin sehr gespannt, wie das alles wird, eine WM bei den Aktiven ist dann ja doch nochmal etwas anderes. Ich möchte einfach Spaß haben, es genießen dabei zu sein, alles aufnehmen – und da ich auch gut drauf bin, möchte ich nah an meine PB ran, im besten Fall auch gerne eine neue aufstellen.“
Mateusz Przybylko, Hochsprung, 30 Jahre alt, Sportsoldat, amtierender Europameister, flog bei den Deutschen Meisterschaften nach langen Verletzungsproblemen und einem mentalen Tief zum ersten Mal wieder über 2,30 Meter, nur drei Athleten weltweit sprangen in dieser Saison schon höher, persönliche Bestleistung: 2,35 Meter (2018). Matze sagt: „Die Vorbereitungen laufen gut! Hajo (Coach Hans-Jörg Thomaskamp) und ich sind zufrieden, wir passen uns im Precamp in Santa Barbara gerade an das Klima und die Zeit an. Mein Ziel: Die Quali einfach zu überstehen und im Finale schaue ich dann mal! Wenn es so läuft, wie bei den Deutschen, kann eine Medaille auf jeden Fall drin sein.“
Torben Blech, Stabhochsprung, 27 Jahre alt, Sportsoldat und Psychologiestudent, der ehemalige Mehrkämpfer hat in diese Saison technische Probleme, sprang zuletzt am Tegernsee aber wieder über 5,75 Meter und damit in die Top 20 der Weltjahresbestenliste. Daraufhin wurde er von World Athletics auf den letzten Drücker noch zur WM eingeladen. Persönliche Bestleistung: 5,86 Meter (2021, indoor). Torben sagt: „Ich bin superhappy, doch noch nach Eugene fahren zu dürfen. Ich hatte nicht mehr damit gerechnet und dachte: Schade, wo es mit meiner Form doch gerade bergauf geht. Ich habe gerade das Gefühl, dass die Puzzleteile langsam zusammenpassen, auch wenn noch nicht alles perfekt ist. Jetzt freue ich mich auf die WM. Ich möchte technisch weiter Fortschritte machen und an die 5,75 Meter vom Tegernsee anknüpfen. Ich weiß, dass ich extrem hoch springen kann.“
Bo Kanda Lita Baehre, Stabhochsprung, 23 Jahre alt, Profisportler, springt in dieser Saison sehr konstant hoch und steigerte sich bei den Deutschen Meisterschaften auf 5,90 Meter, damit liegt er auf Platz fünf der Weltjahresbestenliste. Zuletzt zog er sich bei einer unsanften Landung beim Meeting am Tegernsee ein Schleudertrauma zu, ob er zur WM wieder voll fit sein wird, sei noch mit einem „kleinen Fragezeichen“ versehen, so Leichtathletik-Geschäftsführer Jörn Elberding.