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INTERVIEW MIT SIEBENKÄMPFERIN SOPHIE WEISSENBERG

Siebenkämpferin Sophie Weißenberg erzählt vor dem Saisonauftakt am Wochenende in Ratingen über ihre Ziele nach überstandener Verletzung.  

LEVERKUSEN. Die 25-Jährige aus Neubrandenburg kam Ende 2019 als frisch gekürte Silbermedaillengewinnerin der U-23-EM zum TSV Bayer 04 Leverkusen. In den ersten zwei Jahren machten Ihr Trainerwechsel und eine hartnäckige Achillessehnenverletzung zu schaffen, sie beendete nur einen Mehrkampf im vergangenen Jahr in Götzis, da blieb sie knapp unter ihrer Bestleistung (6293 Punkte) von 2019. Anschließend meldete sich jedoch wieder die Schleimbeutelentzündung an der Achillessehne und Weißenberg konnte keinen weiteren Angriff auf die Olympianorm unternehmen.  

Inzwischen wird Weißenberg von Jörg Roos betreut, dem neuen Cheftrainer der Mehrkämpfer bei Bayer und zugleich Bundestrainer der Siebenkämpferinnen. Die Vorbereitung auf die Saison lief gut, Weißenberg wird ebenso wie ihre Trainingskolleginnen Mareike Arndt und Anna Maiwald in Ratingen an den Start gehen. Im Interview gibt sich die Sportsoldatin und Psychologie-Studentin zuversichtlich.

Sophie, wie geht es Dir zum Start der neuen Saison?

Mir geht es sehr, sehr gut. Die Achillessehnen-Problematik ist fast komplett vergessen, ich habe damit so gut wie gar keine Probleme mehr. Nur wenn ich den Fuß zu stark belaste, merke ich es noch ein bisschen. Ich bin, abgesehen von so kleinen Wehwehchen, die man als Leistungssportler immer mal hat, verletzungsfrei durch die Vorbereitung gekommen.

Was nimmst Du Dir also vor für den Saisoneinstieg in Ratingen? 

Erstmal möchte ich da gesund durchkommen und endlich wieder einen Siebenkampf beenden. Dadurch, dass es so sehr früh im Jahr ist, stecke ich mir kein konkretes Ziel. Es kann mega gut laufen, es kann aber auch noch Luft nach oben bleiben. Dann hätte ich in Götzis noch Potenzial.

Du willst also beide Frühjahrsklassiker zur Vorbereitung nutzen, Ratingen und Götzis? 

Es ist so geplant. Es sei denn, Ratingen läuft so gut, dass ich direkt die Quali für die WM schaffe. Dann kann ich mir Götzis sparen.

Die WM-Norm liegt mit 6420 Punkten etwas über Deiner Bestleistung von 6293 Punkten. Macht Dich das nervös? 

Nein, gar nicht. Ich weiß, dass ich gut drauf bin. Ich glaube auch, dass ich besser drauf bin als damals, als ich diese Bestleistung aufgestellt habe. Aber es ist und bleibt Mehrkampf, da kann immer viel passieren. Nervös bin ich nicht. Ich freue mich, dass es wieder los geht und habe Lust, etwas zu zeigen. 

Die Saison ist in diesem Jahr eine Besondere, es gibt eine WM im Juli und eine EM im eigenen Land knapp vier Wochen später in München. Was peilst Du an? 

Ich peile schon beides an. Wenn man die WM macht, kann man die EM noch drauf packen, als Highlight in München. Mal sehen, wie es in der Saison läuft, aber ich liebäugele tatsächlich mit beidem. 

Das wären dann mit Ratingen und Götzis vier Mehrkämpfe in einem Sommer.  

Im Siebenkampf geht das gerade noch. Drei ist, was man normal macht, vier ist die Obergrenze. Mal in einem Jahr ist das machbar, das werde ich hinkriegen, aber es ist natürlich eine Aufgabe.  

Leverkusen will sich wieder zur Mehrkampfhochburg mausern, mit dem Frauen-Bundestrainer Jörg Roos als Chefcoach und Björn Lippa als frisch verpflichtetem Nachwuchstrainer soll da etwas aufgebaut werden. Wie erlebst Du das? 

Es ist toll, dass wir nun wieder eine feste Trainingsgruppe mit Mareike Arndt, Anna Maiwald und Lara Siemer haben. Lara ist ja neu dabei und wird nach dem Abitur ganz dazu stoßen. Björn hat Marie Dehning mitgebracht, eine gute Nachwuchsathletin. Man merkt den frischen Wind, wir haben eine coole Stimmung, das macht Spaß. In unserer Trainingsgruppe haben wir alle unterschiedliche Stärken, dadurch können wir uns sehr gut puschen. 

Was sind Deine Stärken? 

Ich bin relativ Sprint- und Sprungstark. Am langen Lauf muss ich definitiv arbeiten. Mareike ist im Kugelstoßen sehr stark, und Anna und Mareike sind beide sehr gute Hürdenläuferinnen und sehr sprintstark. Da kann ich mir viel abgucken. Bei den langen Läufen ziehen sie mich auch immer mit, da kann ich mich gut reinhängen und mich motivieren lassen.

Wie viel trainiert Ihr für die 800 Meter? Wird das richtig geübt, oder rennt man die einfach irgendwie da am Ende des Siebenkampfs? 

Wir machen schon viele lange und auch harte Läufe im Training. Damit wir uns daran gewöhnen, mit hohen Laktatwerten zu laufen. Es ist die letzte Disziplin, du hast dich da zwei Tage durchgeboxt, du kannst eigentlich schon gar nicht mehr, musst jetzt aber noch mal alles rausholen. Natürlich kommt man im Training nie an die Belastung heran, die man im Wettkampf erreicht. Aber die Läufe stehen wöchentlich im Plan. Das muss leider auch sein.

Siehst Du diesen 800-Meter-Lauf am Sonntag in Ratingen jetzt schon vor Deinem inneren Auge?

Manchmal leider schon. Aber ich versuche, das so gut es geht zu verdrängen. Ich weiß, dass er kommt, möchte aber eigentlich gar nicht, dass er kommt. Das ist für mich die Qualdisziplin, ich versuche so lange wie möglich, nicht daran zu denken. Sonst bin ich mit dem Kopf nur bei den 800 Metern. Aber da kommen ja erstmal noch sechs andere Disziplinen, bei denen ich auch fokussiert sein muss.

Was glaubst Du, wer Deine größten Konkurrentinnen um die WM-Tickets sein werden? 

Als Stärkste in Deutschland ist auf jeden Fall Carolin Schäfer aus Frankfurt einzuschätzen, die WM-Zweite von 2017. Vanessa Grimm vom Königsteiner LV ist sicher gut drauf. Luisa Grauvogel ist noch dabei, sie startet für Dormagen. Zusammen mit unserer Trainingsgruppe sind das wohl die Kandidatinnen für die vorderen Positionen in Ratingen. Für die drei WM-Plätze wird es spannend, da könnte es sich zwischen Caro, Vanessa, Luisa und mir entscheiden. Wenn drei von uns die WM-Norm knacken, werden alle drei sicherlich auch die EM machen. Die Zeit zwischen den Wettkämpfen reicht.  

Die Norm für die EM ist etwas niedriger, sie liegt bei 6250 Punkten. Wirst Du in Ratingen zwischen den Disziplinen nachrechnen, wie Du liegst und was noch drin ist?

Nein, das mache ich überhaupt nicht. Das bringt mir nichts. Ich gebe ja bei jeder Disziplin sowieso mein Bestes. Nach dem ersten Tag gucke ich schon mal, wo ich liege. Ansonsten rechne ich maximal vor den 800 Metern, um zu sehen, was für eine Endpunktzahl drin ist. 

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