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INTERVIEW MIT THIERRY WEIL, CEO DER FIH

“Die FIH Hockey Pro Leagueist eine exzellente Bühne im Olympiajahr!“ // DHA

M.-GLADBACH. In genau 30 Tagen startet die FIH Hockey Pro League in ihre zweite Saison mit Spielen in China. Die deutschen Herren sind genau zwei Wochen später dran, mit zwei Auswärtsspielen in Spanien.

Thierry Weil, CEO des Weltverbandes FIH, hat im Interview mit der Redaktion von hockey.de über die Analyse des Premierenjahrs, die Erwartungen an die nun beginnende zweite Saison und seine Sicht auf die zukünftige Entwicklung dieser „stärksten Liga der Welt“ gesprochen.

Herr Weil, die FIH Hockey Pro League geht in die zweite Saison. Sie selbst haben den Großteil Ihrer beruflichen Laufbahn bei adidas und der FIFA im Fußball verbracht und waren zum Zeitpunkt der Entwicklung dieses Produkts ja noch gar nicht bei der FIH. Wie bewerten Sie persönlich denn die Pro League?

Thierry Weil: „Ich halte es für ein sehr gutes Produkt! Allein der Fakt, dass bei der FIH Hockey Pro League jedes einzelne Spiel für einen der beiden Gegner ein Heimspiel ist, was ja bei anderen Turnierformaten überhaupt nicht so ist, ist ein riesiger Pluspunkt. Es gab einige Kinderkrankheiten, wie die zu aufwendigen Reisen. Hier galt es, die Gesundheit der Aktiven zu schützen und den Aufwand auch für deren Clubs berechenbarer zu machen, weshalb wir zur nun kommenden Saison die Reisen halbiert haben, indem die Mannschaften nun in der einen Saison gegen die Hälfte der Gegner zwei Heimspiele und gegen die andere Hälfte zwei Auswärtsspiele haben – was sich zur darauffolgenden Saison dann umkehrt.“

Es besteht bei vielen Vereinen allerdings der Eindruck, dass die FIH eigentlich wenig Rücksicht auf das Clubhockey den großen europäischen Nationen nimmt...

Thierry Weil: „Ich predige bei der FIH das Gegenteil. Die Vereinsstruktur ist unwahrscheinlich wichtig für den Hockeysport, weil dort die Grundlagen für das Top-Hockey gelegt werden. Ich sage sogar immer, dass wir es schaffen müssen, auch auf den anderen Kontinenten die Clubstruktur einzuführen, die es in Europa schon lange gibt. Wir müssen uns für die Zukunft der Pro League mit den Vereinen zusammensetzen, damit diese besser planen können. Am besten nicht vier, sondern gleich acht Jahre im Voraus.“

Da 2020 ein Olympiajahr ist – was für eine Bedeutung hat aus Ihrer Sicht die Pro League im Vorfeld?

Thierry Weil: „Ich glaube einerseits, dass die FIH Hockey Pro League für jedes Team eine exzellente Bühne ist, um das jeweilige Olympiateam in seinem Land bekannter zu machen. Zudem ist sie sportlich die beste Vorbereitung, weil man regelmäßig gegen die besten Teams der Welt spielen und sich weiterentwickeln kann.“

Die Trainer haben aber Respekt vor der hohen Belastung...

Thierry Weil: „Das höre ich mal so, mal so. Einige Trainer nutzen die Möglichkeit, die wir ihnen mit der Meldung eines 32-köpfigen Kaders zugestehen und geben vielen Aktiven die Chance, sich auf Weltklasseniveau zu präsentieren. Andere spielen trotzdem immer mit den gleichen Spielern und nehmen die Chance wahr, in der Pro League ein Team für ein Championat einzuspielen. Das scheint mir also auch eine Philosophiefrage zu sein.“

Wie haben Sie es aufgenommen, dass es im ersten Jahr in Deutschland so schwerfiel, die Fans für die FIH Hockey Pro League zu begeistern?

Thierry Weil: „Wir waren schon sehr überrascht, weil wir andere Zahlen aus Deutschland kennen, wenn dort Hockey auf Weltklasseniveau gezeigt wird. Dass in den USA oder China weniger Fans kommen, weil dort Hockey auch noch ein Entwicklungsprodukt ist, das war für uns zu erwarten. Aber nicht in Deutschland. Die Gründe sind sicher vielschichtig – von der Skepsis der Clubs, inwieweit die Pro League den nationalen Spielverkehr beeinflusst, bis zur Bewerbung der Spiele. Auch wir selbst haben erst sehr spät mit der Kommunikation begonnen.“

Wie haben Sie darauf reagiert?

Thierry Weil: „Wir haben uns mit dem neuen Präsidium um Carola Meyer hingesetzt und die Situation analysiert. Die Entscheidung, die Spiele jetzt nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Hamburg und Berlin auszutragen, ist die beste, die man treffen konnte. Gemeinsam wollen wir die Pro League den Fans näherbringen, mehr Euphorie erzeugen.“

Gab es denn Nationen, in denen alles schon so lief, wie Sie es erhofft hatten?

Thierry Weil: „Alles wäre sicher übertrieben, aber zum Beispiel in den Niederlanden haben wir volle Stadien und eine großartige Stimmung gehabt, und der KNHB hat es ja auch clever gemacht, indem er nicht in seinem nationalen Stadion geblieben ist, sondern mit den Pro-League-Spielen an unterschiedliche Hockey-Standorte gereist ist. In Australien waren von vier Austragungsorten zwei super und zwei nicht so. All dies analysieren wir mit den Nationen und versuchen, gemeinsam die Liga weiterzuentwickeln.“

Und wie geht es weiter mit der FIH Hockey Pro League?

Thierry Weil: „Bis 2022 läuft unsere aktuelle Planung, aber wir wollen sie auf jeden Fall weiterführen, solange es geht! Es wir eine Veränderung geben, die ich für sehr wichtig halte: Ab 2021 starten wir einen International Cup mit den nächsten acht gerankten Teams. Hieraus ergibt sich dann jedes Jahr ein Aufsteiger und der Letzte aus der FIH Hockey Pro League steigt ab. Es ist nur meine persönliche Meinung, aber es muss eine Relegation geben. Eine in sich geschlossene Liga – wie jetzt – wird irgendwann uninteressant.“

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