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CHRISTOPHER KWIOTEK FÜHRT INTERVIEW MIT TIM SCHÖNBORN

LEVERKUSEN. An einem bewölkten Nachmittag trudelt Tim Schönborn im Vorstandszimmer der Herbert-Grünewald-Halle. Trotz eines langen Tages im Freiherr-Vom-Stein Gymnasium (siehe weiter unten) ist der 28-Jährige bei bester Laune. Nach wenigen Minuten „Small Talk“ ist „El Pistolero“ dann bereit: „Können wir loslegen?“ fragt der Teamkapitän und so startet ein Gespräch über Basketball, Leverkusen und ein bisher geniales Jahr 2019.

Tim, der Aufstieg ist jetzt ein paar Wochen her und die Feierlichkeiten gehören auch schon der jüngeren Vergangenheit an. Wie fühlt sich der Gewinn der Meisterschaft für dich heute an?

Es ist nach wie vor überragendes Gefühl, was wir mit dem Titelgewinn erreicht haben. Vor allem, wie wir diese Meisterschaft errungen haben, war schon etwas ganz besonderes. Es macht mich stolz, dass ich ein Teil dieser besonderen Mannschaft gewesen bin.

Lass uns gleich über die reguläre Saison sprechen. Mit 21 Siegen und lediglich einer Niederlage habt ihr einen Rekord in der ProB gebrochen: So gut war bisher noch kein Verein seit bestehen der Nord- und Südstaffel. Was waren die Gründe für eine derart überragende Hauptrunde?

Der wichtigste Grund war die Teamchemie, die von Beginn an bei uns gestimmt hat. Ich glaube, dass auch die Zuschauer dies an unserer Spielweise erkennen konnten. Natürlich war auch die große Tiefe des Kaders von Vorteil, über die Qualität der einzelnen Jungs brauchen wir gar nicht sprechen, die war immens hoch. Die Vorbereitung im Training durch den Trainerstab war sehr akribisch und so hatten wir, vor allem in engeren Partien, zumeist den längeren Atem als unser Gegenüber. Alles in allem hat jedes Puzzleteil in dieser Saison gepasst und so für den Erfolg gesorgt.

Zu welchem Zeitpunkt hast du gemerkt, dass diese Mannschaft etwas ganz besonderes ist und jeden bezwingen kann?

Schon in der Vorbereitung haben wir sehr gut miteinander harmoniert und es wurde schnell klar, dass hier etwas Tolles entstehen kann. Der erste Fingerzeig in die richtige Richtung war dann der Sieg bei den FRAPORT SKYLINERS Juniors, als wir in Frankfurt den damaligen Tabellenzweiten doch relativ deutlich schlagen konnten. Aber auch der Sieg Zuhause gegen Elchingen, als wir in der Vorwoche bei den scanplus baskets unsere erste Niederlage hinnehmen mussten, sprach für die Mannschaft und bewies, dass wir auch mit Rückschlägen umgehen können.

Schon frühzeitig habt ihr den Gewinn der Südstaffel unter Dach und Fach gebracht. Sicherlich eine schöne Auszeichnung, aber war es ein Nachteil für euch, dass euch so der „Druck“ zu siegen genommen wurde?

Für uns war das gar kein Problem, im Gegenteil: Es war super, dass wir so früh im Süden für klare Verhältnisse sorgen konnten. Trotz der vorzeitigen Entscheidung gab es nie den Moment, in dem das Team einen Gang zurückgeschaltet hat. Die Herausforderung im Training war hoch und wir wollten bis zum letzten Hauptrundenspiel Gas geben. Im Nachhinein kann man sagen, dass uns dies gelungen ist (lacht).

In den Playoffs kam es dann gleich zum Derby gegen die EN Baskets Schwelm. Eine enge Serie, die ihr mit zwei Erfolgen für euch entscheiden konntet. Wie würdest du die „Derbyserie“ rückblickend beschreiben?

Aufgrund der örtlichen Nähe war Schwelm als Gegner schon eine gute Sache für uns, die Fans und das gesamte Umfeld. Wir hatten keine lange Anreise und wir wussten, dass unsere Anhänger in großer Anzahl in den Baskets Dome kommen würden, um uns zu unterstützen. Die EN Baskets waren für mich auch keine Mannschaft, welche auf den achten Platz im Norden gehörte. In der Serie haben die Schwelmer bewiesen, dass sie über große Qualität verfügen. Das Achtelfinale hätte auch durchaus anders ausgehen können, glücklicherweise haben wir Ruhe bewahren können und sind als verdienter Sieger ins Viertelfinale eingezogen.

Sicherlich waren die 300 Leverkusener in Schwelm ein großes Highlight auch für euch Spieler. Hast du so etwas schon einmal in deiner aktiven Basketballkarriere erlebt?

Ich glaube, dass man hier gar nicht viele Worte verlieren muss, denn diese Unterstützung war einfach nur phänomenal. Dieses Spiel gehört zu den Highlights meiner Karriere und auch die Mannschaft war hin und weg. Ich habe schon in Rhöndorf einiges erlebt, aber dass war einzigartig und die tolle Choreo mit den Fahnen werden wir nicht so schnell vergessen. Es war einfach ein grandioser Abend, den wir mit einem wichtigen Erfolg krönen konnten.

Im Viertelfinale waren dann die Junior Baskets aus Oldenburg Gegner der GIANTS. Während ihr das erste Spiel klar dominieren konntet, musstet ihr im Rückspiel eine verdiente Niederlage hinnehmen. Was war los am Haarenufer?

Wir haben das erste Spiel Zuhause klar gewonnen und sind mit dementsprechend großer Brust nach Oldenburg gefahren. Die zweite Partie war allerdings eine komplett andere. Die Baskets konnten mit ihrem kompletten Kader gegen uns antreten und waren extrem gut auf uns eingestellt. So sehr wir es auch wollten, wir haben einfach nicht in die Begegnung gefunden und so war der Oldenburger Sieg mehr als verdient. Ich bin heilfroh, dass wir dann in der Ostermann-Arena den Sack zumachen konnten und ins Halbfinale eingezogen sind.

Nun kam der Kooperationspartner von ALBA Berlin, der SSV LOK BERNAU, in die Ostermann-Arena zum Showdown um den Aufstieg. Mit welchen Erwartungen bist du damals in die Serie gegangen?

Mit großer Euphorie! Wir waren kurz vor unserem Ziel, allerdings wussten wir auch, wie hoch die Hürde Bernau ist. In der Videoanalyse haben wir uns mit LOK beschäftigt und bekamen eine Ahnung davon, wie gut sie sind. In der ersten Runde der Playoffs konnte Bernau die OrangeAcademy Ulm mit 2:1 bezwingen, im Viertelfinale wurden dann die FRAPORT SKYLINERS Juniors mit 2:0 in die Schranken gewiesen. Qualität war bei Bernau zweifelsohne vorhanden und vor allem Veteranen wie Robert Kulawick oder Nicolai Simon haben die Brandenburger zusätzlich bereichert. Trotz all dieser Vorzeichen waren die an uns gesteckten Erwartungen hoch und zudem war das Finale nur noch einen kleinen Schritt entfernt. Das gesamte Team war heiß auf diese Serie.

In der zweiten Begegnung lagt ihr in Brandenburg mit 21 Zählern zurück, bevor ihr den Turbo angeworfen und zurückgeschlagen habt. Was ging in dir als „erfahrener Haudegen“ vor, als ihr das Spiel drehen konntet und als Sieger das Feld verlassen konntet?

Es war die größte Willensleistung die ich je im Sport miterlebt habe, soviel steht schon einmal fest. Wir lagen zur Halbzeit weit hinten und Bernau hat gefühlt so ziemlich jeden Wurf getroffen den sie genommen haben, wir dagegen hatten große Probleme den erfolgreichen Abschluss zu finden. Der Ruck kam dann nach der Pause durch Nick Hornsby, der sich als Teamleader hervorgetan und die Verantwortung übernommen hat. Nick war an gefühlt jeder positiven Aktion beteiligt und ihm ist es sicherlich zu verdanken, dass wir ins Finale eingezogen sind. Die Emotionen nach der Partie waren unglaublich und sind kaum in Worte zu fassen.

Im Anschluss wird die Freude auf der Rückfahrt sicherlich groß gewesen sein…

Kann man wohl sagen (lacht). Eine schönere Rückfahrt von einem Auswärtsspiel mit mehr als 600 Kilometer Entfernung gibt es nicht.

Das Finale wurde dann von den beiden Erstplatzierten der Nord- und Südstaffel bestritten. Die WWU Baskets Münster haben sich wie die „Giganten“ ins Endspiel gekämpft. Ein toller „Run“ oder?

Definitiv! Münster ist verdient ins Finale eingezogen und hatte in den Playoffs einen tollen Lauf. Für jeden Basketballfan ist die Entwicklung bei den WWU Baskets sicherlich etwas Besonderes, letztes Jahr haben die Münsteraner noch in der 1. Regionalliga West gespielt. Glückwunsch noch einmal den Baskets zur Vizemeisterschaft. Das war beeindruckend!

Auch hier seid ihr einmal mehr abgezockt geblieben und der verdiente Lohn war die ProBMeisterschaft. Wie fühlt es sich an, wenn man am Ende einer endlos langen Saison ganz oben steht?

Wie bereits erwähnt, ist das ein unglaubliches GefühlGich kann das nicht beschreiben. Gegen Münster hat sich unsere 12-Mann-Rotation ausgezahlt, während die Baskets vor allem im zweiten Spiel nach der Halbzeit große Schwierigkeiten hatten. Die Baskets mussten dreimal in sieben Tagen spielen, es war klar, dass es irgendwann schwierig für sie werden würde, die Intensität hochzuhalten. Schlussendlich war der Gewinn der Meisterschaft verdient, wir waren im Finale einfach die bessere Mannschaft.

Deine Medaille wird sicherlich einen Ehrenplatz erhalten oder?

Selbstverständlich! Die Medaille hängt bei mir in der Vitrine und macht ganz schön Eindruck (schmunzelt)

Lass uns über dich persönlich sprechen: Du bist jetzt seit drei Jahren Leverkusen und lebst inzwischen sogar in der Farbenstadt. Was schätzt du als Junge aus dem Ruhrgebiet (Anm. d.Red.: Tim ist in Dortmund geboren) an deiner „neuen Heimat“ besonders?

Ich mag diese Verbindung aus Großstadt und Natur. Auf der einen Seite ist Leverkusen eine Stadt, in der man alles bekommt und auch die Lage ist perfekt wenn man zum Beispiel nach Köln oder Düsseldorf möchte. Auf der anderen Seite ist es auch möglich ins Bergische Land zu fahren und dort abzuschalten. Ich fühle mich hier pudelwohl und bin froh ein Teil dieser Stadt zu sein.

Meisterschaft in der ProB, einen tollen Job am Freiherr-vom-Stein Gymnasium, seit Mai verheiratet – Kann das Jahr 2019 für Tim Schönborn eigentlich noch besser werden?

Die letzten Wochen waren mit die schönsten in meinem gesamten Leben. Der Titel und die Hochzeit haben dem Jahr bereits die Krone aufgesetzt und alles was jetzt kommt, ist eine Art „Zugabe“. Das Referendariat im Freiherr-Vom-Stein Gymnasium macht mir zudem großen Spaß und viel besser kann es nur werden, wenn es sportlich weitergeht wie bisher. Es ist immer schwer in die Zukunft zu schauen aber jetzt wo du vom sportlichen sprichst, sehen wir dich 2019/20 im BAYER-Trikot? Was ist dein Ziel für die kommenden Jahre was den Basketball angeht?

Ich will noch nicht zu viel versprechen, aber natürlich möchte ich auch in der ProA für die BAYER GIANTS auflaufen. Die ProA war mein bzw. ist unser großes Ziel und ich freue mich auch darauf, mich auf diesem Level beweisen zu können. Die Absicht muss sein, sich in der Liga zu etablieren und zunächst zwei Mannschaften hinter sich zulassen. Ich bin mir ganz sicher, dass dies gelingen wird, wenn das Team sich auf die bisherigen Stärken besinnt.

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