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OVTCHAROV UND FRANZISKA HABEN WM-MEDAILLE SICHER

Individual-Weltmeisterschaften in Durban (20. bis 28. Mai) * * *  Ying Han steht im Viertelfinale

(c) DTTB

DURBAN. (ZA)  Der Deutsche Tischtennis-Bund gewinnt bei den dritten Individual-Weltmeisterschaften in Folge eine Medaille. Der Saarbrücker Patrick Franziska, der 2019 zusammen mit Petrissa Solja Bronze holte, erreichte zusammen mit Dimitrij Ovtcharov (Neu-Ulm) das Halbfinale im Doppel-Wettbewerb. Im Einzel kämpft am Freitag Ying Han ebenfalls noch um den Einzug in die Runde der besten Vier. Ausgeschieden sind allerdings heute im Achtelfinale Europameister Dang Qiu und die EM-Zweite Nina Mittelham. Der Düsseldorfer und die Berlinerin unterlagen nach guten Leistungen den Einzel-Weltmeistern von Houston 2021, den Chinesen Fan Zhendong und Wang Manyu. In Houston hatte der diesmal verletzte Timo Boll Bronze im Einzel gewonnen.

Das Doppel, das eigentlich keines war, holt eine Medaille

56 Mal standen deutsche Athleten bei Individual-Weltmeisterschaften bisher auf dem Siegertreppchen. Patrick Franziska und Dimitrij Ovtcharov sicherten heute in Südafrika  Medaille Nummer 57, Farbe noch unbekannt. Im Herren-Doppel ist es sogar erst das dritte Edelmetall: 1989 hatten der heutige Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner in Dortmund historisches WM-Gold gewonnen, 2005 sicherten sich Timo Boll und Christian Süß in Schanghai (China) Silber. Das Doppel, das es eigentlich gar nicht hatte geben sollen und erst durch die Verletzung von Timo Boll zustande kam, spielte sich in Südafrika ebenso unerwartet wie verdient unter die besten vier Duos der Welt.

Im Viertelfinale bezwangen Patrick Franziska und Dimitrij Ovtcharov heute Nachmittag in einem emotionalen Viertelfinale die starken Engländer Liam Pitchford/Paul Drinkhall in vier Sätzen und treffen nun im Halbfinale am Freitag um 14.40 Uhr auf die Südkoreaner Lim Jonghoon/Jang Woojin. 0:1 nach Sätzen und 4:8 im zweiten Durchgang lag das deutsche Duo im Hintertreffen, bis es seinen Rhythmus in dem hochklassigen Match um eine Medaille gefunden hatte. Dem 7:11 gegen starke Engländer ließen Franziska und Ovtcharov das wichtige 11:9 zum Ausgleich folgen. In den Sätzen drei und vier ließen sie ihre Gegner dank einer überaus dominanten Vorstellung erst gar nicht mehr am Sieg schnuppern. Die Kombination bestehend aus dem über gewinnbringende Schläge verfügenden, aber auch als Vorbereiter fungierenden Patrick Franziska und dem unbarmherzigen Vollstrecker Dimitrij Ovtcharov besiegte bislang unter anderem die Weltklassekombinationen Wong Chun Ting/Ho Kwan Kit (Hongkong) sowie Yukiya Uda/Shunsuke Togami (Japan) und steigert sich in Durban bislang von Runde zu Runde.

Das war auch im Match gegen die Engländer Liam Pitchford und Paul Drinkhall so. Patrick Franziska: „Sie haben uns am Anfang richtig überrollt, waren im Aufschlag-Rückschlag-Bereich unglaublich aggressiv und haben variantenreicht gespielt. Wir wussten nicht, wo der Ball beim nächsten Mal einschlägt. Bei 0:1 und 4:8 sind wir zum Handtuch gegangen und haben uns gegenseitig gesagt: ‚Wir müssen dran bleiben. Sie werden sicher nicht so durchspielen können. Und falls doch, dann ist es halt überragend von den beiden.‘ Genauso kam es dann: Wir sind dran geblieben, was unsere große Stärke ist. Das kann Dima extrem gut, und das bekomme ich im Doppel aus nächster Nähe mit. Wir haben weiter eine hohe Qualität in unseren Bällen gehabt.“

Dimitrij Ovtcharov atmete nach dem Einzug in die Medaillenränge erleichtert auf: „Meine erste Medaille bei einer Einzel-WM fühlt sich irgendwie irreal an. Ich habe seit vielen Jahren nicht mehr richtig Doppel trainiert und dann hier eine Medaille zu gewinnen… Ich finde, ich spiele im Doppel einen guten Ball, und Franz bereitet mir die Bälle unglaublich gut vor. Wir harmonieren richtig gut, sodass ich das Gefühl habe, dass wir uns in den Spielzügen schon richtig gut kennen. Es macht sehr viel Spaß, und ich bin natürlich mächtig stolz auf uns.“

Han Ying erstmals im Viertelfinale

Die beste Abwehrspielerin der Welt hat mit einer überaus souveränen Leistung das Viertelfinale des Einzel-Wettbewerbs erreicht. Die für den Champions-League Sieger KTS Tarnobrzeg spielende Düsseldorferin gewann ihre Achtelfinalbegegnung mit der Slowakin Tatiana Kukulkova, ohne ansatzweise in Bedrängnis zu geraten. Die im Turnier noch satzverlustfreie Ying Han sagte anschließend: „Es war mein erstes Match gegen sie und ich hätte gedacht, dass Kukulkova etwas unangenehmer für mich spielt. Das war aber nicht so.“

Die 40 Jahre Defensivkünstlerin, die bei den Olympischen Spielen in Rio und Tokio  im Viertelfinale stand und nur von Chinesinnen ausgebremst wurde, spielt am Freitagnachmittag um 15.20 Uhr gegen die Nummer eins der Welt um eine Medaille. Im letzten Duell beim WTT Champions-Turnier in Macao knöpfte Ying Han der Chinesin Sun Yingsha bei ihrem starken Auftritt sogar überraschend die beiden ersten Sätze ab, blieb allerdings dennoch am Ende ohne Gewinnchance. Die Europe-Top-16-Siegerin von 2022 und 2023 weiß, wie schwer es am Freitag für sie wird. „Ich hatte bisher bei dieser WM eine Auslosung, die mir entgegengekommen ist. Das wird sich nun aber im Viertelfinale extrem ändern. Gegen die Weltranglistenerste Sun Yingsha muss ich in jedem Fall ab dem ersten Ball zweihundert prozentig konzentriert sein, um möglichst schnell in mein Spiel hineinzukommen. Ich muss meine Taktik gegenüber dem letzen Spiel etwas ändern und etwas probieren. Aber auch sie wird sich das letzte Match noch einmal genau angeschaut haben. Sehen wir mal, was morgen passiert.“

Dang Qiu verpasst guten Auftakt gegen Fan – und unterliegt 0:4 

Gleich den ersten Satz muss man Gegnern aus der Tischtennis-Übermacht klauen, will man ernsthaft an ihrem Thron rütteln, gibt Herren-Bundestrainer Roßkopf immer als Parole aus. Dann schwindet die Selbstsicherheit der Nation, in der gegen Nicht-Chinesen nur der Sieg zählt. Der gebürtige Nürtinger Dang Qiu, Sohn chinesischer Einwanderer als ehemalige Mitglieder des Nationalteams im Reich der Mitte und später Bundesligaprofis in Deutschland, hatte gleich in drei Durchgängen kleine Chancen. Im Ersten egalisierte er einen 4:7-Rückstand und wehrte bei 9:10 den ersten Satzball Fans ab. Im Zweiten stand es 7:7, bevor der gleichaltrige Superstar davonzog. Im Dritten hatte Qiu ein 8:6 auf seiner Haben-Seite.“Den Unterschied hat gemacht, dass er ein absoluter Topmann  ist“, analysierte Qiu. „Gegen etwas schlechtere Spieler gewinne ich die knappen Sätze wahrscheinlich. Ich habe meine paar Chancen vielleicht nicht unbedingt liegenlassen, er hat vielmehr in den wichtigen Situationen sehr präzise gespielt. Er war sehr genau in seinem Plan und hat die Millisekunden des Zweifels, die man vielleicht hat, eiskalt ausgenutzt. Im Vierten hat er einfach zu locker gespielt.“ Im letzten Durchgang lief nicht mehr viel zusammen für Qiu gegen Fan Zhendong, der alles traf und seinen Kontrahenten mehrfach schon mit seinen Aufschlägen zu direkten Fehlern zwang. „Ich habe mein Soll erfüllt und bin als Nummer neun der Welt ins Achtelfinale gekommen“, bilanzierte Qiu. „Es gibt zwei oder drei Spieler im Tableau, gegen die ich hinten bin, einer davon ist Fan Zhendong. Gegen alle anderen habe ich an einem guten Tag echt gut Chancen weiterzukommen. Dementsprechend war die Auslosung für mich nicht optimal, wenn man im Achtelfinale gegen die Nummer eins der Welt spielt. Aber wir sind schließlich bei einer WM.“

Nina Mittelham „klaut“ ersten Satz gegen die Weltmeisterin Manyu

Stark startete Nina Mittelham in das Duell gegen die amtierende Weltmeisterin Wang Manyu. Einen 8:10-Rückstand drehte die Willicherin noch und holte sich den ersten Durchgang mit 12:10. Als es im zweiten Satz wieder 7:6 für die mutig spielende Mittelham stand, merkte man der Chinesin durchaus eine Spur Nervosität an. „Natürlich habe ich gemerkt, dass sie sehr nervös wurde. Dass sie den ersten Satz verliert, passiert ihr gegen Nicht-Chinesen nicht besonders häufig“, sagte Mittelham anschließend. „Ich habe dann das Match relativ lange offen gehalten, habe sehr gute Rückschläge gemacht. Ich wusste allerdings nicht genau, was ich bei meinem Aufschlag spielen sollte, deshalb bin ich nach meinem Service nicht so gut in die Rallyes gegen sie hineingekommen. Das hatte ich mir vor dem Spiel anders erhofft.“ Die Durchgänge drei und vier konnte die Europe-Top-16-Gewinnerin von 2021 bis Satzmitte immer offen gestalten, vor allem weil sie, wenn es denn zu den erhofften Rallyes kam, diese auch meistens für sich entschied. Erst im fünften und letzten Satz etwas die Luft raus aus dem starken Auftritt Mittelhams, den sich die Chinesin schließlich auch mit 11:5 zum Spielgewinn sicherte. Vorwerfen könne sie sich trotzdem nichts, sagte Mittelham: „Ich habe ein sehr gutes Spiel gemacht und hoffe, dass ich beim nächsten Mal mehr als einen Satz gewinne.“ Ihre WM-Bilanz fällt insgesamt positiv aus. Zwar sei insbesondere das Achtelfinal-Aus im Doppel mit Xiaona Shan etwas enttäuschend gewesen, aber: „Im Einzel ist es die beste WM gewesen, die ich je gespielt habe.“

Die Ergebnisse der Deutschen am Donnerstag

Herren-Doppel, Viertelfinale
Patrick Franziska/Dimitrij Ovtcharov – Paul Drinkhall/Liam Pitchford ENG 3:1 (-7,9,8,7)

Damen-Einzel, Achtelfinale
Ying Han – Tatiana Kukulkova SVK 4:0 (1,5,6,2)

Herren-Einzel, Achtelfinale
Dang Qiu – Fan Zhendong CHN 0:4 (-10,-7,-8,-5)

Damen-Einzel, Achtelfinale
Nina Mittelham – Wang Manyu CHN 1:4 (10,-7,-8,-7,-5)

Die Spiele am Freitag (Auszug)

Herren-Doppel, Halbfinale, 14.40 Uhr, Tisch 2
Patrick Franziska/Dimitrij Ovtcharov – Jang Woojin/Lim Jonghoon KOR

Die Ergebnisse der Deutschen am Donnerstag


Herren-Doppel, Viertelfinale

Patrick Franziska/Dimitrij Ovtcharov – Paul Drinkhall/Liam Pitchford ENG 3:1 (-7,9,8,7)

Damen-Einzel, Achtelfinale
Ying Han – Tatiana Kukulkova SVK 4:0 (1,5,6,2)


Herren-Einzel, Achtelfinale

Dang Qiu – Fan Zhendong CHN 0:4 (-10,-7,-8,-5)


Damen-Einzel, Achtelfinale

Nina Mittelham – Wang Manyu CHN 1:4 (10,-7,-8,-7,-5)

Die Spiele am Freitag (Auszug)

Herren-Doppel, Halbfinale, 14.40 Uhr, Tisch 2
Patrick Franziska/Dimitrij Ovtcharov – Jang Woojin/Lim Jonghoon KOR
Herren-Doppel, Halbfinale, 19.10 Uhr, Tisch 1
Fan Zhendong/Wang Chuqin CHN – Cho Daeseong/Lee Sang Su KOR

Damen-Einzel, 15.20 Uhr, Tisch 1
Ying Han – Sun Yingsha CHN

Finale im Mixed, Freitag, 13 Uhr
Tomokazu Harimoto/Hina Hayata JPN – Wang Chuqin/Sun Yingsha CHN

LINKS

WM-Ergebnisse auf der WTT-Homepage
Zum Livestream auf YouTube

DIE DEUTSCHE WM-DELEGATION IN DURBAN

Einzel-Wettbewerbe
Damen:
Ying Han (KTS Tarnobrzeg, Polen), Nina Mittelham (ttc berlin eastside), Shan Xiaona (ttc berlin eastside), Sabine Winter (TSV Schwabhausen), Annett Kaufmann (SV Böblingen)
Herren: Dang Qiu (Borussia Düsseldorf), Dimitrij Ovtcharov (TTC Neu-Ulm), Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken TT), Ruwen Filus (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell), Benedikt Duda (TTC Schwalbe Bergneustadt)
Doppel-Wettbewerbe
Damen:
Nina Mittelham/Xiaona Shan, Annett Kaufmann/Sabine Winter
Herren: Benedikt Duda/Dang Qiu, Patrick Franziska/Dimitrij Ovtcharov
Mixed: Dang Qiu/Nina Mittelham, Patrick Franziska/Xiaona Shan           

Sportliche Leitung: Richard Prause (Sportdirektor)
Trainerteam: Tamara Boros (Bundestrainerin Damen), Jörg Roßkopf (Bundestrainer Herren), Lars Hielscher (Cheftrainer Düsseldorf), Zhu Xiaoyong (Bundesstützpunkttrainer), Sascha Nimtz (Experte für Videoanalysen, Wissenschaftskoordinator IAT Leipzig)
Medizinisches Team: Dr. Antonius Kass (Teamarzt), Dr. Christian Zepp (Sportpsychologischer Experte), Peter Heckert, Annette Zischka (Physiotherapeuten, OSP Hessen in Frankfurt/Main)
Organisationsleiter: Rainer Kruschel (Leiter Referat Leistungssport)
Weitere DTTB-Vertreter: Dr. Torsten Küneth (Equipment Committee)
Schiedsrichter: Michael Zwipp (Oberschiedsrichter, Langen), Kerstin Duchatz (Herne)

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