STUTTGART. (BS) Exakt fünf Wochen vor Beginn der Paralympics hat Marco Maier im Para Weltcup ein dickes Ausrufezeichen gesetzt. Der 22-jährige Allgäuer, der für den SV Kirchzarten startet, gewann in Östersund den Langlauf-Sprint im freien Stil bei den Männern stehend vor Aleksandr Pronkov und Ivan Kodlozerov (beide Russland).
Für Maier war es der erste Sprung aufs Podium. „Dass es gleich ganz nach vorne geht, ist krass“, sagte er. Schon im Prolog hatte der Blaichacher als Erster mit sechs Sekunden Vorsprung aufhorchen lassen, seinen Halbfinallauf gewann er souverän. Im Finale kam er zwar eine halbe Sekunde hinter Vladislav Lekomtsev
(Russland) ins Ziel, der wegen eines Fehlstarts aber eine Zeitstrafe erhielt und auf den sechsten Platz zurückfiel. „Wenn die Zielgerade ein wenig länger gewesen wäre, hätte ich ihn aus eigener Kraft gepackt“, berichtete Maier. Dass er zunächst „nur“ Zweiter hinter dem siebenfachen Weltmeister von Lillehammer war, schmälert seine Leistung jedoch überhaupt nicht.
Nur wenige Minute später durfte das kleine deutsche Team in Schweden einen zweiten Podestplatz feiern. Bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung landete Nico Messinger (Ring der Körperbehinderten Freiburg, mit Guide Robin Wunderle) hinter Oleg Ponomarev und Stanislav Choklaev (beide Russland) auf dem Bronzerang. Im Zielsprint setzte sich der 27-Jährige gegen den Schweden Zebastian Modin durch – und bewies mit seinem Erfolg nach einer für ihn enttäuschend verlaufenden Weltmeisterschaft, dass auch im Sprint von Peking mit ihm gerechnet werden darf. „Auch wenn hier in Östersund nicht alle am Start waren, die bei den Paralympics dabei sein werden: Im Sprint ist alles möglich“, sagte er.
Im Biathlon-Sprint am Sonntag verpassten die beiden Deutschen das Podium deutlich. Nico Messinger kam beim Sieg des Belarussen Yury Holub nach drei Schießfehlern und Schwierigkeiten im tiefen Schnee auf Platz zwölf. Marco Maier musste viermal in die Strafrunde – zu oft, um vorne mitzumischen. „Beim ersten
Schießen war es böig, beim zweiten habe ich zu schnell gemacht“, ärgerte er sich – und nahm trotzdem eine positive Erkenntnis mit: „Läuferisch war das nicht so schlecht von mir.“
Eskau und Hösch verpassen Paralympics
Derweil steht seit dem Wochenende fest, wer alles am 25. Februar in den Flieger nach Peking steigen wird. Der Deutsche Behindertensportverband hat 18 Athletinnen und Athleten in den Sportarten Para Ski alpin, Para Snowboard, Para Biathlon und Para Skilanglauf für die Paralympics nominiert. Die Hälfte kommt aus
dem Para Ski nordisch-Kader.
Im Sitzschlitten werden die golddekorierten Routiniers Anja Wicker (MTV Stuttgart) und Martin Fleig (Ring der Körperbehinderten Freiburg) dabei sein; für beide sind es die dritten Paralympics. Bei den Männern stehend ist neben dem Debütanten Marco Maier sein Kirchzartener Vereinskamerad Alexander Ehler am Start. Zudem treten fünf Sehbeeinträchtigte an: Linn Kazmaier (SZ Römerstein, Guide: Florian Baumann), Johanna Recktenwald (Biathlon Team Saarland, Guide: Valentin Haag) und Leonie Walter (SC St. Peter, Guide: Pirmin Strecker) feiern ihre Paralympics-Premiere. Clara Klug (PSV München, Guide: Martin Härtl) gewann bei ihrer ersten Teilnahme 2018 in Pyeongchang zweimal Bronze im Biathlon. Hinzu kommen Nico Messinger und sein Guide Robin Wunderle.
Welche Bedeutung die Paralympics trotz aller pandemiebedingten Einschränkungen haben, zeigt die Reaktion von Johanna Recktenwald. Die brachte ihre Freude über das Ticket nach China via Social Media zum Ausdruck: „Ich bin überwältigt, unendlich dankbar und glücklich, dass mir diese Chance ermöglicht wird und ich diese Erfahrung in meinem Leben mitnehmen darf“, schrieb die 20-Jährige. Nicht zur deutschen Mannschaft gehören dagegen verletzungsbedingt Vivian Hösch (SV Kirchzarten) und ihr Guide Florian Grimm sowie die vierfache Winter-Paralympicssiegerin Andrea Eskau (USC Magdeburg), die krankheitsbedingt nicht rechtzeitig fit wird für Peking. „Ich bin einfach nicht in der körperlichen Verfassung, um auf höchstem Niveau im sportlichen Wettkampf anzutreten“, bedauert sie. „Wer Andrea kennt, der
weiß: Sie fliegt da nicht mit, nur um dabei zu sein“, sagt der Bundestrainer Ralf Rombach.
Ein zweites Sorgenkind von Rombach plant weiter fest mit einem Start in Peking – obwohl sie vom Pech verfolgt bleibt: Clara Klug, die sich im Dezember beim Weltcup in Canmore (Kanada) eine Handverletzung zugezogen und die WM verpasst hatte. Beim Langlauf-Sprint in Östersund kehrte die 27-Jährige ins
Wettkampfgeschehen zurück und wurde Zehnte, tags darauf stürzte sie im Training erneut. Seitdem schmerzt die Schulter. Das Team Klug/Härtl hofft, beim abschließenden Biathlon-Einzelrennen am Dienstag an den Start gehen zu können.