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100 JAHRE MARIENBURGER SC

1929 - Tennis- und Hockeyspieler kehren dem MSC den Rücken und gründen den Marienburger THC - VON tILLMANN BECKER-WAHL

K.-MARIENBURG. Anfang der 1920er-Jahre gründeten die Mitglieder des MSC ihre erste Hockeyabteilung. Clubintern standen die Hockeyspieler lange Zeit im Schatten der erfolgreichen Schlagballer und Leichtathleten. Dennoch eilte den Hockeyspielern nicht nur in Köln, sondern in ganz Westdeutschland ein guter Ruf voraus. Für den Erfolg waren sie – und auch die 1923 gegründete Tennisabteilung – bereit, Opfer zu bringen. Nichts Besseres konnten sie sich damals vorstellen, als mit den Leichtathleten, Schlagballern und Fußballern 1928 gemeinsam endlich auf die erste eigene MSC-Clubanlage am Heidekaul zu ziehen. Doch die Freude über den ersten Großverein im Kölner Süden hielt nur kurz. Streitigkeiten und Unverständnis dominierten das Leben der Tennis- und Hockeyspieler im MSC. Ein durchgebrannter Kassenwart sorgte 1929 schließlich für den letzten großen Knall: Dem Großteil der Tennis- und Hockeyspieler reichte es. Sie zogen schnurstracks wieder aus – und gründeten nur wenige hundert Meter weiter den Marienburger THC.

Die Hockeyspieler freuten sich, als es 1928 von den Poller Wiesen nach Marienburg auf die erste eigene Clubanlage ging. Sie wussten, dass sie von den erfolgreichen Leichtathleten und Schlagballern profitieren könnten. Der MSC hatte schließlich nun einmal einen deutschlandweit bekannten Namen. Im Glanz der Erfolge des neuen Großvereins sollte auch die eigene Abteilung erstrahlen. Doch alles kam ganz anders.

Schon länger fühlten sich die Hockey-, aber auch die Tennisspieler clubintern nicht vollends verstanden. Dennoch versuchte man, sich im neuen Großverein mit einer 400-Meter-Laufbahn, einer Sprunggrube, zahlreichen Tennisplätzen und einem Hockeyplatz zurechtzufinden. Ein Jahr lang ging das gut – bevor es 1929 dann nur umso heftiger donnerte: Der damalige Kassenwart veruntreute die Clubgelder, brannte urplötzlich mit der Vereinskasse durch. Um weiterhin erfolgreich zu sein, brauchte der MSC Geld. Viel Geld.

Die Mitglieder stritten sich. Um das Problem zu lösen, sollte eine Umlage gezahlt werden. Erneut fühlten sich die Hockey- und Tennisspieler benachteiligt. Denn statt ständig zu bezahlen, wollten auch sie endlich vom Leben in einem Großverein profitieren. Das schien nun unmöglich. Und so rissen gleich 85 Prozent der Tennis- und Hockeyspieler die Reißleine: Sie verkündeten ihren Austritt.

Das Bild des Tages aus dem Jahr 1931 zeigt daher eine Marienburger Hockeymannschaft – denn es steht für eine der kuriosesten Geschichten der MSC-Clubhistorie.

Während die wenigen, verbliebenden Hockeyspieler im MSC versuchten, den Spielbetrieb seit 1929 halbwegs aufrecht zu erhalten, gründeten ihre ehemaligen Mitspieler nur wenige hundert Meter süd-östlich einen neuen Verein: den Marienburger Tennis- und Hockey-Club (MTHC).

Dort nämlich fand sich schnell ein geeigneter Platz zum Tennis und Hockey spielen. „Am Schillingsrotterweg, am Ende des Forts“, schreibt Erich Kirberg, dreifacher deutscher Hockeynationalspieler und Mitglied des MSC sowie später des MTHC, „hatten die Engländer während der Besatzungszeit eine Tennisanlage mit fünf Plätzen errichtet.“ Die Mitglieder des neu gegründeten MTHC entschieden sich also genau dorthin auszuwandern und die ersten Briefköpfe auf Briefbögen zu drucken: „Marienburger Tennis- und Hockey-Club. Anschrift: Marienburg, Schillingsrotterweg (am Golfplatz).“

Der Marienburger Tennis- und Hockey-Club war geboren. Und vom Heidekaul ging es somit nicht nur in die direkte Nachbarschaft des Golfsclubs. Nein, vielmehr waren die Marienburger Tennis- und Hockeyspieler nun in jenem Golfclub eingebettet. Die von den Briten verlassenen Tennisplätze richteten die MTHC-Mitglieder wieder her. 1930 flogen endlich die ersten Tennisbälle über die Netze.

Parallel dazu wandelte die Stadt Köln einen auf der gegenüberliegenden Straßenseite ungenutzten, 100 mal 60 Meter großen Acker in einen Hockeyplatz um. Anschließend bauten die Mitglieder ihr erstes MTHC-Clubhaus, drei Jahre später folgte der zweite Hockeyplatz.

Idyllisch lag der Marienburger THC. Von ihrer Clubterrasse aus konnten die Mitglieder das in 200 Meter entfernte Clubheim der Golfer und den Abschlag von Loch eins beobachten. Manchmal, so heißt es, hatte diese Nähe zur Folge, dass Golfbälle sich ungewollt auf die Tennisasche verirrten. Dennoch: Die Mitglieder des MTHC, die im Sommer Tennis und im Winter Hockey spielten, waren zufrieden und genossen das neue Clubleben.

Nur wenig später, 1937, begann die Reichs-Auto-Bahn (RAB) schließlich, die heutige A4 zu verlängern und die Rodenkirchener Autobahnbrücke zu bauen. Ungünstigerweise verlief die linksrheinische Abfahrt genau durch den Golfplatz. Die Golfer stellten schnell fest, dass nun der Teil auf Seiten Marienburgers größer als der in Rodenkirchen war. Dort, auf Marienburger Seite, waren allerdings die Plätze und das Clubhaus des MTHC. Die Golfer verhandelten mit den Tennis- und Hockeyspielern – und man fand schnell eine Lösung: Die Vereine tauschten die Clubhäuser, den Neubau der Tennis- und Hockeyplätze zahlte die RAB.

1939 erfolgte der Schlüsseltausch. Für den MTHC ging es 200 Meter stadtauswärts in ein größeres Clubheim. Trotz Krieges folgte dort ein Jahr später die große Eröffnungsfeier. Richtig lang sollte die Freude aber wieder nicht halten.

Bereits im Mai 1942 zerstörten Bomben die Anlage des MTHC vollends. Bis auf den Hauptwasseranschluss lag der Verein in Asche. Zeitgleich löste sich aus Mangel an Spielern auch die bis dahin so erfolgreiche Hockeyabteilung auf, die in den Jahren zuvor viele Zugänge aus den anderen großen Kölner Vereinen sowie dem MSC verzeichnete. Im Winter 1942 war der MTHC schließlich gänzlich Geschichte. Der Club wurde aus dem Vereinsregister gelöscht.

Anders sah das nur wenige Meter weiter an der Bonner Straße aus: Als 1945 der Krieg endete und viele MTHC- und MSC-Mitglieder aufeinandertrafen, stellten sie fest, dass der MSC nach wie vor im Vereinsregister eingetragen war. Ein Jahr später einigten sie sich darauf, den alten Namen und die Tradition des Marienburger Sport-Clubs wiederzubeleben und weiterzuführen. Der Wiederaufbau des Clubhauses und der Tennisplätze am Heidekaul begann – und somit die Geschichte des MSC als Tennis- und Hockeyverein wie wir ihn noch heute kennen.

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