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FÜNF GEGENTORE UND DOCH GEWONNEN

Hockey-EM: EM in Amsterdam, Vorrunde Herren: Frankreich - Deutschland 5:6 / Halbfinale gegen England \\ DHA

AMSTERDAM. Die deutschen Herren haben am Dienstag im letzten Gruppenspiel der Europameisterschaft einen kuriosen 6:5-Sieg eingefahren. Gegen Frankreich lag das Team von Bundestrainer Kais al Saadi nach 22 katastrophalen Minuten mit 2:5 zurück und musste dann einen großen Kraftakt auf den Kunstrasen bringen, um vier Sekunden vor Ende mit der 20. Strafecke des Spiels noch den 6:5-Siegtreffer zu erzielen und die Halbfinal-Teilnahme damit sicher zu haben. Den Gruppensieg holten sich die Niederlande danach durch ein 6:0 über Wales um einen mehr erzielten Treffer im Vergleich zur deutschen Mannschaft, die damit am Freitag, 10. Juni, um 17 Uhr im Halbfinale auf England trifft, während die Niederlande um 20 Uhr am gleichen Tag das andere Halbfinale gegen Weltmeister Belgien bestreiten. 

Bundestrainer Kais al Saadi: „Wir haben in der ersten Hälfte im eigenen Viertel keinen Zweikampf gewonnen – damit wird man nichts. Und es ist auch gut, dass man auf dem Level damit nicht davonkommt. Dann knallt es fünf Mal und überdeckt, dass man ja auch drei Tore geschossen hat innerhalb einer Halbzeit. In der Pause gab es daher richtig schlechte Laune. Wir sind als Team aber soweit, dass man sich untereinander deutlich die Meinung sagen kann und dann geschlossen rausgeht und Reaktion zeigt. Die Minuten nach Wiederanpfiff war unsere stärkste Phase. So zurückzukommen, ist eine ganz wichtige Qualität und die können wir auch sicher mal gut gebrauchen, aber wenn wir in wichtigen Spielen gegen Topgegner vorher so viel Mist bauen, wird uns das nicht retten. Und das muss ich nicht erleben! Uns ist es jetzt egal, ob wir Erster oder Zweiter werden. Wir schauen weiter nur auf uns.“

Niklas Wellen, der zum Spieler des Spiels gekürt wurde: „Wir haben es uns selbst so schwer gemacht, weil wir viel zu einfache Gegentore zugelassen haben in der ersten Hälfte. Sowas können wir uns in einem Halbfinale ganz sicher nicht erlauben. Mit unserer tollen Mentalität das Spiel dann doch noch zu gewinnen, ist ein tolles Gefühl. Man muss aber auch sagen, dass die Franzosen eine ganz starke Leistung gezeigt haben. Sie haben uns gezwungen, in der zweiten Hälfte alles rauszuholen. Es ist gut, dass wir in der Lage sind, 20 Ecken zu holen, aber dann müssen wir da natürlich auch mehr daraus machen.“

Florian Fuchs: „Das war ein sehr, sehr schlechter Beginn von uns. Sonst ist das Verteidigen ja unsere Stärke, aber heute war es inakzeptal, wie wir gegen die verteidigt haben. Trotzdem ist es natürlich stark, wie wir wieder zurückkommen.“

Christopher Rühr: „Wir sollten uns nicht jedes Mal drauf verlassen in letzter Sekunde noch zu gewinnen. Das war eine unterirdische Defensivleistung. An positiven Sachen können wir Richtung Halbfinale sicher mitnehmen, dass wir die zweite Hälfte 4:0 gewinnen. Offensiv war unser Kreisverhalten aus meiner Sicht aber auch nicht optimal. Wir holen zwar 20 Ecken und viele Chancen, können daraus aber noch viel mehr machen.“

Martin Häner: „Wir hatten uns heute etwas ganz anderes vorgenommen, vor allem defensiv. Das Abwehrverhalten war heute in der ersten Hälfte nicht einer Nationalmannschaft würdig. Und das hat nichts damit zu tun, was wir können, denn wir haben vorher defensiv ein sehr gutes Spiel gegen Holland gemacht. Wir müssen jetzt aufarbeiten, warum wir eine französische Mannschaft bei einer EM nicht so ernst nehmen wie Holland.“

Bei den Deutschen stimmte in der Anfangsphase die Zuordnung überhaupt nicht und das nutzten die Franzosen zur frühen Führung. Ein Einschlag von rechts wurde übers Zentrum nach links gespielt, wo Nicolas Dumont völlig freistand und den heute das deutsche Tor hütenden Victor Aly mit einem Schrubber überwinden konnte (2.). Constantin Staib hatte das 1:1 kurz darauf auf dem Schläger, scheiterte mit einem Stecher aber an Arthur Thieffry. Doch dann ließen sich gleich mehrere deutsche Abwehrspieler im französischen Konter düpieren und es stand nach drei Minuten 0:2, weil Pieter van Straaten einen Querball kurz vor Aly einblocken konnte.

Martin Häner setzte nur eine Minute später die erste deutsche Ecke hart und platziert zum 2:1 (4.) ans französische Torbrett. Timm Herzbruch erzeugte sofort wieder Gefahr, doch sein Querball ging knapp an zwei Stürmern vorbei. Kapitän Tobias Hauke holte die zweite Ecke heraus, wobei die Franzosen beim Versuch, das per Videobeweis zu verhindern, kein Recht bekamen und ihr Anrufungsrecht verloren. Es folgten die dritte und vierte Ecke in Folge – und die letzte davon setzte Martin Häner erneut links unten zum 2:2 ins Tor. So waren nach nicht einmal fünf Minuten bereits vier Tore gefallen.

Die sechste deutsche Ecke in der 7. Minute geriet Lukas Windfeder zu gefährlich, so dass sie rausgepfiffen wurde. Thieffry hielt ganz stark gegen einen strammen Schuss von Christopher Rühr (10.). Dann holte Herzbruch die nächste Ecke heraus (11.), der zwei Wiederholungsecken folgten, doch mehr als ein Außenbretttreffer von Rühr im Nachschuss sprang nicht dabei heraus. Nach einem Fuß von Bene Fürk bekamen auch die Franzosen ihre erste Ecke (13.), die eigentlich verstoppt wurde, aber dann irgendwie zu Rausgeber Charles Masson kam, der hoch Richtung Tor abzog, doch erst von Johannes Großes Kopf ging der Ball zum 3:2 ins Tor.

Die Deutschen holten sich per Videobeweis die nächste Ecke (14.), die erneut zu einer Wiederholungsecke führte, welche aber verstoppt wurde. Thieffry verhinderte Sekunden vor dem Ende des ersten Viertels mit einem Weltklassereflex das 3:3, als er einen Stecher von Florian Fuchs aus kürzester Distanz neben das Tor lenkte.

Die Deutschen machten sofort wieder Druck. Ein Rückpass von Staib konnte nicht verwertet werden (17.). Dann sah Martin Zwicker Grün für nicht eingehaltenen Abstand. Und in Unterzahl wurde vorm Tor erneut nicht souverän geklärt, so dass erneut van Straaten vor Aly zum 4:2 (19.) abstauben konnte. Tobi Hauke holte per Videobeweis die nächste Ecke (21.), doch Windfeders Schlenzer war zu ungefährlich und Rührs Nachschuss wurde abgeblockt.

Ein langer Ball in den Kreis brachte hingegen das 5:2 für Frankreich, weil Benjamin Marqué die abgefälschte Flanke vor Aly einstach (22.). Kaufmann holte dann schon die zwölfte DHB-Ecke heraus (25.), die diesmal auf Rausgeber Niklas Wellen gespielt wurde, der zum 3:5 verkürzen konnte. Kurz darauf nahm ein Franzose Wellen das 4:5 gerade noch vom Schläger. Es gab aber die Ecken Nummer 13, 14 und 15, doch die wurden nicht konsequent genug aufs Tor gebracht.

Dan Barstow zeigte Lukas Windfeder dann eine harte Grüne Karte, so dass das DHB-Team die letzte Phase der ersten Hälfte in Unterzahl überstehen musste.

Niklas Wellen hatte nach schönem Solo eine Hundertprozentige zehn Sekunden nach Wiederanpfiff, scheiterte aber am starken Thieffry. Es gab Ecke Nummer 17 (32.), die haarscharf links am Pfosten vorbei ging. Doch dann war es einer schöner Steilball von Wellen, den Florian Fuchs zum 4:5 durch Thieffrys Schoner stach (33.). Johannes Große hatte nach tollem Solo die nächste gute Chance, wurde aber noch abgefangen, Kaufmann traf eine Rückhand im Kreis nicht – der Ausgleich lag jetzt in der Luft.

Victor Charlet sah dann nach einem rüden Foul gegen Florian Fuchs Gelb (37.). Fuchs scheiterte aus spitzem Winkel an Thieffry (40.). Die 18. Ecke wurde Windfeder erneut als gefährlich weggepfiffen. So ging die Überzahl ohne Nutzen vorbei. Fuchs hatte die nächste gute Chance nach Solo, scheiterte aber an Thieffry (43.).

Linus Müller musste zu Beginn des letzten Viertels wegen nicht eingehaltenen Abstands auf die Strafbank (46.). Die Deutschen wehrten eine Ecken-Fehlentscheidung in der 47. Minute per Video-Entscheid ab. Kurz darauf pfiff eine Rückhand von Rühr am langen Pfosten an zwei deutschen Brettern vorbei (48.). Ein Foul von Fürk brachte den Franzosen die zweite Ecke (49.), doch Wellen lief diese stark ab. Aly musste danach aber ran gegen einen französischen Schuss.
Die Deutschen machten Druck, fanden aber schwer die Lücke in der tief stehenden Abwehr. Weigand holte die 19. Ecke heraus (54.), die erst von Thieffry ganz stark pariert wurde, aber Wellen bekam die Kugel dann links am Tor, drehte sich zur Grundlinie und brachte denn Ball dann aus spitzestem Winkel spektakulär zum 5:5 ins Tor.

Kais al Saadi setzte dann ein Zeichen und nahm Victor Aly fünf Minuten vor Ende für einen elften Feldspieler vom Platz. Ein Schuss von Bosserhoff ging über Fuchs‘ Schläger und am Tor vorbei (56.). Im Powerplay war man am Kreis des Gegners, gab die Kugel aber auch oft zu früh ab. Vier Sekunden vor Schluss holte man sich die 20. Strafecke der Partie, die Martin Häner tatsächlich noch zum 6:5-Siegtreffer im Tor unterbrachte.

Tore:
1:0     Nicolas Dumont (2.)
2:0     Pieter van Straaten (3.)
2:1     Martin Häner (KE, 4.)
2:2     Martin Häner (KE, 5.)
3:2     Charles Masson (KE, 13.)

4:2     Pieter van Straaten (19.)
5:2     Benjamin Marque (22.)
5:3     Niklas Wellen (KE, 25.)
——
5:4     Florian Fuchs (33.)

5:5     Niklas Wellen (KE, 54.)
5:6     Martin Häner (KE, 60.)

Ecken:
FRA 2 (1 Tor) / GER 20 (5 Tore)

Schiedsrichter:
Michael Pontus (BEL) / Dan Barstow (ENG)

Video-Schiedsrichterin:
Alison Keogh (IRL)

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