WIESBADEN. St. Leon-Rot – Nach dem ungemein dramatischen Verlauf des Viertelfinals gegen Tschechien sorgten die Burschen um Bundestrainer Christoph Herrmann im Halbfinale gegen Spanien deutlich früher für relative Gelassenheit und eine entspanntere Vorfreude auf den Moment, in dem der Sieg dann tatsächlich auch formal in den Büchern war.
Vierer ausgeglichen
In den Vierern am Vormittag hatte Spanien das Bild offen gestaltet. Durch den kurzfristigen, krankheitsbedingten Ausfall von Peer Wernicke, der gestern im Stechen für diesen so ungemein emotionalen Moment des Sieges gesorgt hatte, musste Christoph Herrmann umdisponieren. Die Mannschaft brauchte ein paar Löcher, um sich neu zu konzentrieren und so kam es, dass Spanien in beiden Vierern früh eine knappe Führung erspielte.
Lange dauerte es aber nicht, bis bei Finn Kölle und Tom Haberer erstmals eine Führung im Livescoring zu sehen war. Binnen weniger Bahnen erhöhte das Duo aus Hannover und St. Leon-Rot durch zwingendes Spiel und lag nach zwölf Löchern schon 4auf in Front. Die Spanier Pablo Garcia und Jorge Hao konnten zwar noch einmal verkürzen, aber am Ende stand doch ein 3&1-Sieg für Deutschland.
Im zweiten Vierer lagen Tim Wiedemeyer und Carl Siemens gegen Jaime Montojo und Angel Ayora zwar ständig im Rückstand, aber die Spanier konnten nicht davon ziehen. So kam es am Ende der Runde zum Showdown, bei dem die Bundesadler fast noch ausgeglichen und dann im Stechen die Chance auf einen ganzen Punkt gehabt hätten. Auf dem 18. Grün hatte Spanien aber das Glück der Tüchtigen und gewann mit 1auf, so dass es in der kurzen Mittagspause 1:1 stand und das Match am Mittag mit fünf Einzeln quasi bei null wieder neu gestartet wurde.
Souveräner Auftritt
Finn Kölle vom GC St. Leon-Rot startete in den Einzeln als Erster. Der 17-Jährige zeigte vom Start an, dass er Herr im eigenen Haus ist. Jaime Montojo zeigte zwar auch sehr gute Schläge, aber Kölle war hochkonzentriert und ließ sich auch nicht aus seinem Rhythmus bringen, als der Spanier einmal den Ausgleich erzielen konnte. Sofort ging der Youngster aus dem Wolfpack wieder in Führung und baute diese schnell weiter aus. Mit 3&1 war der erste von drei nötigen Punkten aus dem Einzeln unter Dach und Fach.
Favorit am Rande der Niederlage
Korbinian Walther zeigte eine starke Leistung. Früh war der Spieler des GC Am Habsberg in Rückstand geraten, ließ sich aber von Jorge Hao nicht abschütteln. Der Spanier, der im Vorjahr die European Young Master gewonnen hatte und vor wenigen Wochen bei der Einzel-EM mit dem fünften Platz überzeugt hatte, zeigte viele phantastische Schläge, aber Korbinian Walther hielt mit ebenfalls vielen guten Aktionen das Match nicht nur offen, sondern ging zwischenzeitlich sogar in Führung und brachte den Favoriten damit an den Rand einer Niederlage. Ganz spät setzte sich Hao dann aber doch noch hauchdünn mit 1auf durch.
Deckel drauf
Tom Haberer und Carl Siemens waren ihren spanischen Gegnern mit ihrem athletischen Spiel ständig überlegen und lagen den ganzen Nachmittag über in Führung. Zwar gelang es weder dem Athleten des GC Hannover, noch dem Wahl-Kurpfälzer vom GC St. Leon-Rot sich vorzeitig ganz deutlich abzusetzen, aber die Zuschauer hatten ständig das Gefühl, dass im Zweifel die beiden Deutschen jeden Zwischenspurt von Marcel Fonseca und Angel Ayora hätten parieren können. Haberer gewann sein Match mit 4&2 und den noch fehlenden Punkt sicherte Carl Siemens mit 3&2.
Zu dem Zeitpunkt lag auch Tim Wiedemeyer in Führung. Der Münchener war als letzter Deutscher gegen Sergio Jimenez gestartet und lieferte sich mit dem Spanier ein Duell, bei dem die Führung mehrere Male wechselte. Als feststand, dass Deutschland vier Punkte sicher hatte, einigten sich die beiden Coaches darauf, dass das noch laufende, letzte Match als geteilt in den Büchern stehen soll. Somit lautet das Endergebnis 4,5:2,5.
Finale gegen England
Deutschland steht erneut im Finale. Gegner wird England sein. Die Mannschaft hatte sich in der Zählspielqualifikation ganz stark präsentiert, im Viertelfinale recht deutlich gegen die Niederlande gewonnen und sich im Halbfinale mit Schweden ein sehenswertes Duell geliefert. Die Briten durften am Ende mit 4:3 jubeln.
Das Finale wird am Samstag um 8.32 Uhr gestartet.
Keine Selbstverständlichkeit
Marcus Neumann, Vorstand Sport im DGV, war nach dem Sieg über die Spanier von der Leistung der deutschen Jungen sehr angetan: „Ein großer Teil der Mannschaft hat schon vor einem Jahr den Titel gewonnen. Dass Deutschland nun schon wieder den Einzug ins Finale schafft, ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Einerseits zeigt es, mit wieviel Leidenschaft sich Trainer und Mannschaft auf diese Titelkämpfe vor heimischem Publikum vorbereitet haben. Andererseits zeigt der Erfolg, der es jetzt schon ist, welches Potenzial in diesen Jahrgängen steckt. Am Finaltag werden die Karten wieder neu gemischt, aber ich bin davon überzeugt, dass diese Mannschaft noch einmal die letzten Reserven mobilisieren und dann Zuschauer und Gegner beeindrucken wird.“