FRANKFURT. Christoph Dieckmann ist seit 1. September neuer Chef-Bundestrainer Beach-Volleyball beim Deutschen Volleyball-Verband (DVV). Im Interview spricht der 48-Jährige über den Status Quo des deutschen Beach-Volleyballs, seine neuen Aufgaben und die Ziele für die Zukunft.
Herr Dieckmann, hinter den deutschen Beach-Teams liegt ein erfolgreicher Sommer: Silber bei den Olympischen Spielen in Paris, Europameisterinnen und Vizeeuropameister. Wie gut ist Deutschland im Beach-Volleyball aktuell aufgestellt?
Das waren tolle Auszeichnungen für Nils Ehlers/Clemens Wickler und Svenja Müller/Cinja Tillmann. Beide Duos haben in den letzten Jahren gezeigt, dass sie das Potenzial für solche Erfolge haben. Aber das bedeutet nicht automatisch, dass es am Ende auch so gut läuft. Ich finde es interessant, dass es zwei Teams sind, die sehr gut aufgestellt sind, mit einem kleinen Team, mit sehr guten Leuten und klaren Rollen. Das zeigt, wie es funktionieren kann. Gleichzeitig sieht man, dass hinter diesen beiden Teams eine recht große Lücke ist. Ein paar Duos gibt es noch, aber dann kommt länger nichts. Das spiegelt ganz gut wieder, wo der Beach-Volleyball im Erwachsenenbereich steht.
Und wie steht es um den Nachwuchs?
In den letzten Jahren wurde viel in die richtigen Wege geleitet. Allerdings sind zuletzt nicht viele Top-Spieler*innen aus den Stützpunkten gekommen. Da ist durchaus Potenzial vorhanden, dass an den Nachwuchsstützpunkten noch bessere Spieler*innen entwickelt werden, die dann auf höherem Niveau in den Erwachsenenbereich wechseln. Wir sollten den Erfolg aber nicht allein an den Ergebnissen im Nachwuchs messen. Es sollte nicht unser Hauptziel sein, dass wir bei internationalen Turnieren super abschneiden und Medaillen gewinnen. Das kommt automatisch, wenn man mit den richtigen Leuten sehr gut arbeitet. Das Wichtigste ist, immer wieder Spieler*innen nach oben zu bringen, die dort erfolgreich sein können.
Sie sind jetzt Chef-Bundestrainer Beach-Volleyball – was genau darf man sich darunter vorstellen?
Diese Bezeichnung ist vom DOSB für alle Verbände vorgegeben. Den klassischen Sportdirektor gibt es nicht mehr. Alle die, die sportliche Verantwortung haben, heißen jetzt Chef-Bundestrainer. Natürlich fallen auch Aufgaben eines Sportdirektors in meinen Bereich, aber es gibt auch viele Aufgabenfelder, die näher am Sport sind, an den Trainer*innen und den Spieler*innen, als das ein klassischer Sportdirektor machen würde. Ich sehe mich in einem Zwischenbereich. Ich hoffe, dass ich genügend Zeit und Kapazitäten haben werde, um wirklich so nah dran zu sein, dass ich das Ganze positiv mit beeinflussen kann und mich nicht nur um die Rahmenbedingungen kümmern muss.
Sie waren jahrelang erfolgreich als Trainer aktiv, welche Erfahrungen bringen Sie für den neuen Job mit?
Ich bin sicher kein Verwaltungsexperte, sondern ich habe in den vergangenen Jahren Leistung im Beach-Volleyball entwickelt und mit einer hohen Qualität gearbeitet. Das müssen wir jetzt möglichst flächendeckend in unser System bekommen, um mehr Spieler*innen für die Weltspitze zu entwickeln. Wir müssen Trainer*innen und Spieler*innen dabei helfen, auch strukturell, dass sie qualitativ hochwertig trainieren. Die Aufgabe ist jetzt natürlich deutlich breiter angelegt mit beiden Geschlechtern, Profis und Nachwuchs.
Was ist aktuell Ihre voranginge Aufgabe?
Ich bin hinter den Kulissen schon deutlich länger involviert und mache mir Gedanken. In der ersten Phase geht es jetzt vor allem um den Stützpunkt in Hamburg: Wie stellen wir uns für den neuen Olympia-Zyklus auf? Welche Spieler*innen sind weiter dabei, welche Teamkonstellationen streben wir an, welche Trainer*innen sind dabei? Ich führe unglaublich viele Gespräche mit allen Beteiligten. Auch das Thema Bundeswehrplätze stand schon auf der Agenda. In der nächsten Zeit wird sich mein Fokus dann mehr in den Bereich Nachwuchs verschieben. Ich werde alle Stützpunkte besuchen, um die Arbeit dort kennenzulernen und natürlich kommen auch administrative Aufgaben hinzu. Es gibt ein breites Feld an Themen für mich.
Wie ist denn der aktuelle Stand bei den Teamkonstellationen?
Wir sind in den Planungen schon relativ weit, aber noch ist nichts spruchreif. Aktuell planen wir mit drei Frauen- und vier Männerteams in Hamburg. Es soll wieder klare Teamkonstellationen geben, damit sich die Teams individuell entwickeln können und dabei recht konstante Rahmenbedingungen haben. Wir wollen uns auf die Stützpunkte konzentrieren und dort mit viel Klarheit arbeiten, das gilt auch für den Nachwuchs. Natürlich gibt es dort nicht Platz für alle Athlet*innen, daher versuchen wir, Spieler*innen und Projekte außerhalb der Stützpunkte zu unterstützen. Dann haben wir hoffentlich neben dem DVV-System auch Leistungssport auf einer breiteren Basis. Das wäre perfekt für Beach-Volleyball in Deutschland.